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Experimentelle Archäologie

Forscher testen römischen Kühlschrank

Schweizer Archäologen haben bei Ausgrabungen nahe Basel einen besonderen Schacht entdeckt: Die Römer könnten ihn einst als eine Art Kühlschrank genutzt haben. Die Wissenschaftler wollen den Schacht auf die Probe stellen.

Im Praxistest soll der Schacht zeigen, ob sich Schnee und Eis zum Kühlen auch über den Sommer dort lagern lassen | © Vindonissa-Professur Universität Basel / P.-A. Schwarz

Ein reifes Stück Käse, dazu ein gut gekühltes Glas Weißwein im Sommer: Das genossen schon die alten Römer gern. Was heute dank Kühlschrank selbstverständlich ist, war es in der römischen Antike noch lange nicht. Archäologe Peter-Andrew Schwarz von der Universität Basel ist überzeugt, dass den Römern trotzdem schon ausgefeilte Kühltechniken zur Verfügung standen. Den Beweis soll ein Experiment im römischen Kastell Augusta Raurica nahe Basel erbringen. Schweizer Archäologen haben dort einen Schacht entdeckt, der zum Kühlen von Lebensmitteln gedient haben könnte.

Konstante Kälte ist wichtig

Will man Fleisch und Fisch nicht gerade pökeln braucht es zur Lagerung konstant niedrige Temperaturen um acht Grad Celsius. Auch zur Käseherstellung und für kühlen Wein ist in den warmen Monaten eine Kältequelle nötig. Schwarz weiß, dass die Römer Schnee zum Kühlen durchaus nutzen. „Das verraten uns antike Quellen wie Plinius oder Sueton“, erklärt der Forscher. „Kaiser Nero temperierte damit im Sommer sogar sein Bad.“ Gelagert hätten die Römer den Schnee in trocken gemauerten, etwa vier Meter tiefen Schächten, mutmaßen die Forscher. Die hätten die Römer im Winter mit Schnee und Eis gefüllt und zur Isolation mit Stroh abgedeckt, so ihre These. „Ähnlich konstruierte Schächte sind weit verbreitet“, sagt Schwarz gegenüber G/Geschichte. „Bisher wurden sie aber immer als gewöhnliche Vorratskeller interpretiert.“

„Eine Arbeitshypothese, die man verfolgen muss“: Archäologe Schwarz will zeigen, dass der Schacht als Kühlschrank funktioniert hätte | © Vindonissa-Professur Universität Basel / P.-A. Schwarz

Ob sich das Eis wirklich über den Sommer im Schacht lagern lässt, wollen die Forscher nun einem erneuten Praxistest unterziehen. Ein erster Versuch im Vorjahr sei missglückt, sagt Schwarz. „Die Witterung war zu mild, und wir haben den ganzen Schnee in einer Fuhre eingefüllt.“ Dadurch habe sich der Schnee nicht verdichten können, was ihn wohl haltbarer gemacht hätte. Das wollen die Wissenschaftler nun ändern und das Kühlmaterial über mehrere Tage verteilt einfüllen.

Mehr Eis und Schnee in der Antike

Auch die veränderte Umwelt müssen die Archäologen dabei im Auge behalten: Im 1. oder im frühen 2. Jahrhundert nach Christus sei noch deutlich mehr Schnee in der Gegend des Kastells gefallen als heutzutage, erklärt Schwarz. Und das ist nicht alles: Der Rhein ist heute eisfrei. Seit dem Bau der ersten großen Kraftwerke in den 1920er-Jahren treiben keine Eisschollen mehr am alten Augusta Raurica vorbei. Die Wissenschaftler gehen jedoch davon aus, dass die Römer das Eis für den Kühlschacht nutzten.

Im Laufe des Jahres wollen die Forscher Temperatur und Luftfeuchtigkeit laufend verfolgen, sowohl am Boden als auch im oberen Bereich und außerhalb des Schachts. Zwar könne das Experiment nicht beweisen, dass die Römer den Schacht als Kühlschrank genutzt haben, sagt Schwarz: „Aber wir wollen zeigen, dass es prinzipiell möglich war.“

Sebastian Kirschner

Mehr zu Kaiser Nero dem antiken Rom finden Sie in der Ausgabe 06/2016 von G/GESCHICHTE.

Zuletzt geändert: 02.02.2017