G/GESCHICHTE November 2012

Aufstand gegen Gottes Ordnung  – Revolution im Mittelalter

Liebe Leserinnen und Leser!

„Kölner entmachten ihren Erzbischof“, „Bürgerliche Unabhängigkeitsbewegung in Flandern triumphiert“ oder „Englands Bauern kämpfen gegen ungerechte Steuern“ – hätte es im Mittelalter schon Zeitungen gegeben, dies wären die Schlagzeilen.

Die gottgewollte Ordnung, in der der „gemeine Mann“ demütig mit seiner Hände Arbeit der Gesellschaft diente, während der Adel herrschte und sich die Geistlichkeit um das Seelenheil kümmert, war das fromme Ideal der Theologen.

Die Realität sah in der Regel anders aus. Kein Bauer sehnte sich danach, als Leibeigener von morgens bis abends für seinen Herren zu schuften; kein Handwerker oder Händler sah es als seine gottgegebene Aufgabe, mit seinen Abgaben den Staat und dessen Kriege zu finanzieren. Meistens fügte man sich schlicht in sein Schicksal.

Doch vor allem die selbstbewussten Bewohner der Städte zeigten, dass es auch ganz anders ging. In Köln lehnten sich die Bürger regelmäßig gegen das harte Regiment ihres Erzbischofs auf, erkämpften immer mehr Rechte und Freiheiten, bis es ihnen 1288 gelang, den ungeliebten geistlichen Stadtherren in der Schlacht von Worringen endgültig zu entmachten.

In Flandern führten die Handwerker Pieter de Coninck und Jan Breydel, ein Weber und ein Fleischer, den Aufstand gegen die verhassten französischen Fremdherrscher an. In der blutigen „Brügger Frühmette“ machten sie 1302 ihrem Zorn Luft und erstachen nahezu alle Besatzer.

Den radikalsten Aufstand gegen Gottes Ordnung erlebte England im 14. Jahrhundert. Nach Pest, Wirtschaftskrise und Steuererhöhung war für die einfachen Bauern das Maß voll. 1381 stürmten sie den Tower von London und erschlugen Lordkanzler und Schatzmeister. Kühn forderte ihr Anführer Wat Tyler nun von König Richard II. nichts Geringeres, als die Abschaffung jeglicher Grundherrschaft und die Beteiligung aller Menschen an der politischen Gewalt. Für einen Wimpernschlag der Geschichte wankten in England die Grundfesten der Ständeordnung – bis ein Schwertstreich Wat Tyler niederstreckte und den Aufstand beendete.

Köln, Flandern und England – die wahren Wutbürger und Zornbauern lebten eben im Mittelalter.

Ihr, Euer

Dr. Klaus Hillingmeier
Chefredakteur

Schwerpunkt dieser Ausgabe

Die Schlacht von Hemmingstedt 1500
Freiheitskampf der Dithmarscher Bauern

Patrizier, Bürger, Außenseiter
Mikrokosmos Stadt

Die wehrhafte Jungfrau
Köln contra Erzbischof

Die „böse Fastnacht“
Das Fest zum Protest

Pest und Pogrome
Der Mob wütet, die Synagogen brennen

Krawall in Augsburg
Der Zunftaufstand 1368

Der Schwäbische Städtebund
Gemeinsam gegen die Fürsten

Die Sizilianische Vesper
Aufstand gegen die Besatzung

Die Brügger Frühmette
Freiheit für Flandern

Die Schlacht von Sankt Scholastika
Bürgerkrieg in Oxford

Bauernzorn und Gottes Wort
England erhebt sich

Occupy, Attac und Co.
Wenn das Volk rebelliert

 

Weitere Themen

Blickpunkt
Howard Carter – Jäger des verlorenen Schatzes

Serie ‒ Rätsel der Deutschen Geschichte
Der Sturz der Gräfin Cosel – Vom Fürstenbett in den Kerker

Geschichte im Alltag
Das Bügeleisen

Porträt
Guitar Hero Jimi Hendrix

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