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Der Schrei

Kunst oder Kleckerei

Das Rätsel um die weißen Flecken auf Edvard Munchs Gemälde „Der Schrei“ ist gelöst.

Der Schrei ist wohl Edvard Munchs bekanntestes Werk – hier wird er beim Karneval von Vendedig imitiert | © istockphoto.com/de/portfolio/andyparker

Eine Person mit geöffnetem Mund, schreiend. Sie steht auf einer Brücke, presst die Hände an den Kopf und starrt mit aufgerissenen Augen nach vorn. Ein grotesker Anblick – und ein weltbekannter:

Edvard Munchs Gemälde „Der Schrei“, genauer gesagt die vermutlich älteste der vier Versionen des Werkes aus dem Jahr 1893.

Schon lange gibt dieses Bild Forschern Rätsel auf, denn: Auf dem Gemälde sind, im Gegensatz zu den drei anderen Varianten, Flecken zu sehen. Die weißen Kleckse sind direkt auf der Schulter des Schreienden.

Hat Munch gekleckert oder wurde sein Werk bei einem Transport beschädigt? Als das Gemälde das Atelier verließ und sich auf die Reise ins norwegische Nationalmuseum machte, waren sie jedenfalls schon sichtbar.

Ein Fleck durch Vogeldreck?

Immer wieder kam das Gerücht auf, es könnte sich um Hinterlassenschaften von Vögeln handeln. Denn Munch arbeitete viel im Freien, lagerte manchmal auch seine Bilder dort.

Doch der Künstler malte besagte Version des Gemäldes auf Pappe, was eher unwahrscheinlich macht, dass er es länger draußen aufbewahrt hat. Zudem befinden sich die Flecken zwar auf der Oberfläche des Gemäldes, beschädigten die darunter liegende Farbschicht jedoch nicht. Für Vogelkot wäre das sehr untypisch.

Auch eine Röntgenuntersuchung des Gemäldes durch die Universität von Oslo schließt Vogelkot mit großer Wahrscheinlichkeit aus. Auch Kreide oder Farbe komme demnach nicht infrage.

Stattdessen ergab die Untersuchung eine große Übereinstimmung des Flecks mit Wachskristallen. Nun fällt die Erklärung der mysteriösen Kleckse auf dem Bild leicht: Nach Angaben der Wissenschaftlerin Tine Frøysaker von der Universität in Oslo war es wohl eine Kerze, von der beim Ausblasen Wachs auf das Bild tropfte. Damit ist das Geheimnis um die weißen Flecken gelüftet.

Hanna Heim

Zuletzt geändert: 05.09.2016