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Die Berge als Kriegsschauplatz

Krieg in den Alpen

Sie galten als Nebenkriegsschauplatz im Ersten Weltkrieg, doch auch in den Alpen wurde über das Schicksal von Nationen entschieden. Zum Beispiel in den italienischen Dolomiten.

Dolomiten Italien

Der Erste Weltkrieg wurde bis in entlegene Bergregionen getragen, unter anderem in die Dolomiten in Italien. | © istockphoto.com/porojnicu

Meterhoher Schnee, Temperaturen von bis zu minus 40 Grad Celsius und eine Höhe von bis zu 3000 Metern und mehr: Mit Italiens Kriegseintritt gegen die Mittelmächte 1915 tat sich eine neue Front auf, die unbarmherziger kaum hätte sein können. Sie zog sich vom etwas flacheren Gebiet des Isonzo im Halbkreis über die Julischen und Karnischen Alpen bis hin zu den Dolomiten und umfasste dabei auch eine fast 100 Kilometer lange reine Eisfront. Neben Kälte und Schnee waren Stürme, Gewitter und Lawinen an der Tagesordnung, Erfrierungen und Schneeblindheit unvermeidbar.

Unter diesen Umständen war die Versorgung der Truppen problematisch. Häufig wurden Schächte in den Fels geschlagen, um per Flaschenzug Nachschub nach oben zu transportieren. Überall herrschte ein dauerhafter Mangel an Nahrungsmitteln: „Wenn nur der Hunger nicht wäre! Man kaut an einer Speckschwarte, sucht den Durst mit Schnee zu löschen und schiebt sich langsam weiter, dem 3000 Meter hohen Kamm entgegen […] Ein glücklich vors Gewehr gekommener Gamsbock hilft, in ungesalzenem Schneewasser gekocht, ein wenig weiter“, so der deutsche General Ernst Kabisch in seinen Notizen. Doch wer einmal einen Gipfel erreicht hatte, war dort kaum zu besiegen.

Bundesarchiv Bild 146-1970-073-25, CC-BY-SA 3.0

Soldaten auf dem Moistroka-Pass im Rahmen der Isonzo-Offensive im Oktober 1917 | © Wikimedia Commons/Bundesarchiv Bild 146-1970-073-25, CC-BY-SA 3.0

Wenige Soldaten waren für den Krieg am Berg ausgerüstet

Zu schwierig waren Angriffe durch Schnee und über die steilen Hänge. Auch auf italienischer Seite herrschte Mangel an Material, da man eigentlich nicht auf einen Krieg vorbereitet war und nur die Alpini, die Gebirgsjäger, für den Kampf an der eisigen Front ausgerüstet waren. Häufig versagten wegen der Kälte die automatischen Schusswaffen, sodass zuweilen sogar mit Fäusten oder Steinen gekämpft werden musste. Bei einigen Einheiten gehörten deshalb mittelalterlich anmutende Morgensterne oder Keulen zur Grundausrüstung. Ein weiteres Kampfmittel war die Sprengung von Bergen. Hierfür wurden Tunnelsysteme gegraben, die mit Sprengstoff gefüllt wurden. So konnten mit bis zu 24 Tonnen Dynamit bei einer Sprengung 130 000 Kubikmeter Gestein gelöst werden, was einem Loch von 136 Metern Breite und 200 Metern Höhe entspricht.

Zu militärischen Offensiven kam es beim Alpenkrieg nur selten. 1916 versuchten österreichische Truppen mit nur geringem Erfolg, von den Alpen nach Venetien durchzubrechen. Der größte Stellungskrieg herrschte am Isonzo. Erst nach über zwei Jahren und elf erfolglosen Schlachten kam es bei der zwölften Isonzoschlacht im Oktober 1917 schließlich zum angeblichen „Wunder von Karfreit“. Die österreichische Armee konnte mit tatkräftiger Unterstützung der Deutschen und frischen Truppen von der Ostfront in der Caporetto-Offensive die Front durchbrechen und bis zur Piave vorrücken. Dabei setzten die Mittelmächte auch Giftgas ein, eine Waffe, auf die die Italiener nicht vorbereitet waren.

Die Berge sind heute noch vom Krieg versehrt

An die 10 000 Italiener fielen und 300 000 Soldaten gerieten in Gefangenschaft. Die italienische Armee war kaum noch kampffähig und so mussten die französischen und britischen Verbündeten Truppen nach Norditalien verlegen. Erst gegen Kriegsende gelang es, die österreichischen Truppen wieder aus dem Land zu drängen. Noch heute sind die Auswirkungen des Alpenkriegs sichtbar: Bergsteiger stoßen immer wieder auf Versorgungsschächte und die gesprengten Berge sind für jedermann erkennbar.

Bunker erster Weltkrieg

Die Spuren des Krieges sind heute noch in den Bergen zu sehen: italienischer in den Berg geschlagener Schutzraum aus dem Ersten Weltkrieg | © Wikimedia Commons, CC BY-SA 2.0

 

Dominik Feldmann

Der Artikel erschien erstmals in G/GESCHICHTE 11/2013 „Der Erste Weltkrieg“

Zuletzt geändert: 19.01.2017