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Untergang der Samurai

Saigo Takamori

Saigo Takamori war der Anführer der Samurai, die gegen die Abschaffung ihrer Privilegien rebellierten. Dank einer verlustreichen Schlacht im Jahr 1877 wurden sie zu japanischen Legenden.

Saigo Takamori

Statue von Saigo Takamori in Tokio | © istockphoto.com/jaimax

„Nicht der bitterkalte Winter,/ sondern die kalten Herzen der Menschen/ erfüllen mich mit Furcht“: Der Verfasser dieses Kurzgedichtes war Saigo Takamori, einer der vielen tragischen Helden Japans, die erst durch ihr grandioses Scheitern Unsterblichkeit errangen. Saigo Takamori kam 1828 als Sohn einer verarmten Samuraifamilie in der Provinz Satsuma zur Welt. Die Samurai seiner Heimat standen in dem Ruf, mit noch mehr Todesverachtung zu kämpfen als ihre anderen Standesgenossen.

Saigo Takamori war für japanische Verhältnisse ein Hüne: Mit fast 1,80 Meter Größe und einem „Kampfgewicht“ von 230 Pfund erinnerte er an einen professionellen Sumoringer. Als junger Mann diente er seinem Fürsten Nariakira zunächst als Schreiber, später als oberster Gärtner. Nach dessen Tod fiel Saigo Takamori in Ungnade und musste in die Verbannung gehen. Das Exil nutze er zum Studium philosophischer Schriften und der Vervollkommnung seiner Kalligrafie. Dass er nach fünf Jahren im Exil nach Satsuma zurückkehren durfte, hatte er seinem ehemaligen Schulkameraden Okubo Toshimichi zu verdanken, der sich vehement für seinen damaligen Freund einsetzte.

Takamori war ein Fremdkörper in Tokio

Saigo Takmori gelang es, dass Vertrauen des neuen Fürsten zu gewinnen. Er stieg 1864 zum Kriegsminister von Satsuma auf. Es waren kritische Zeiten. Das Shogunat in Edo hatte viel von seiner Autorität verloren und einige Fürsten planten den Aufstand. Zwei Jahre später war der Shogun Geschichte und nun herrschte wieder ein Kaiser über Japan (die sogenannte Meiji-Restauration). Doch der Tenno war gerade 15 Jahre alt und die wahre Macht in Japan hatten die Männer, die ihn auf den Thron gebracht hatten, darunter auch Okubo Toshimichi. Ihr politisches Credo war eine schnelle Modernisierung des Landes, um so den Einfluss des Westens zurückdrängen zu können.

In der neuen Regierung diente Saigo Takmori als Oberkommandierender der Streitkräfte. Die neue Machtelite von Tokio liebte den Luxus, kostete alle Extravaganzen aus und kopierte mit Frack und Zylinder die Mode des Westens. In dieser Welt war der bescheidene Saigo Takamori ein Fremdkörper: Er ließ seine Gehaltszahlungen verfallen, aß schlichte Nudelsuppen und kleidete sich in die traditionellen Bauwollgewänder seiner Heimat. Und er übte Kritik: „Viele von Schwelereien und Zerstreuungen abhängige Regierungsbeamte leben in solchem Luxus, dass sie sich in Irrtümer verstricken und die öffentliche Meinung in Aufruhr gerät.“

Die Samurai wählen Takamori zum Anführer

Im Oktober 1873 brach Saigo Takamori endgültig mit der Regierung. Er legte seine Ämter nieder und kehrte in seine Heimat zurück. In Satsuma suchte er das schlichte Landleben. Viel Zeit verbrachte er mit Spaziergängen, immer an seiner Seite die geliebten Hunde. Zu Beginn des Jahres 1877 fanden diese ruhigen Tage ihr jähes Ende. Die Samurai des Südens rebellierten gegen die Regierung in Tokio, die ihnen ihre Privilegien geraubt hatte, darunter auch das Recht, Schwerter zu tragen. Die Rebellen erhoben Saigo Takamori zu ihrem Führer. Nicht gegen den Tenno, sondern gegen seine „schlechten Ratgeber“ sollte sich der Aufstand richten.

Bald stehen 20 000 Samurairebellen einer modern ausgerüsteten Armee von über 40 000 Soldaten gegenüber. Nach gescheiterten Belagerungen und verlustreichen Rückzugsgefechten war ihre Zahl nach sieben Monaten auf ungefähr 400 Mann zusammengeschrumpft. In der Nacht von 23. September 1877 bereiteten sich die Satsumarebellen auf das letzte Gefecht gegen die kaiserliche Armee vor: Einige der Männer tanzten, andere schrieben Abschiedsgedichte: „Wie schön zu sterben wie bunten Blätter, die in Tatsuya fallen“.

Gegen moderne Waffen hatten die Samurai keine Chance

Um 04.00 Uhr morgens griffen die Regierungstruppen an. Im Feuerhagel der modernen Waffen fielen die Samurai mit brutaler Geschwindigkeit. Auch Saigo Takamori wurde getroffen, sodass er nicht mehr laufen konnte. Um der Gefangennahme zu entgehen, beging er Suizid. Bereits kurz nach seinem Tod begann die Verklärung des „letzten Samurai“. Schon bald war Saigo Takamori so populär, dass Tokio nicht umhinkam, ihn posthum zu begnadigen. Bis heute ist seine Grabstätte in Kagoshima ein Wallfahrtsort. Vielleicht hatte Saigo Takomori auf diese Form der Unsterblichkeit gehofft, als er vor seiner letzten Schlacht schrieb: „Ein wahrhaft aufrichtiger Mensch wird auch noch nach seinem Tod der Welt ein Vorbild sein.“

Klaus Hillingmeier

Zuletzt geändert: 09.09.2016