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Für die Nachwelt bewahren?

Diskussion um Reichsparteitagsgelände

Das Reichsparteitagsgelände am Rande Nürnbergs ist das größte erhaltene Baudokument der NS-Zeit. Es ist aber vom Verfall bedroht. Ob und wie es für die Nachwelt bewahrt werden sollte, ist umstritten.

Reichsparteitagsgelände in Nürnberg

Die Zukunft des ehemaligen Reichsparteitagsgeländes in Nürnberg sorgt weiterhin für Diskussionen. | © istockphoto.com/rhump

Ein weiteres Symposion, das die Stadt Nürnberg am Wochenende zu diesem Thema abhielt, brachte einmal mehr keine klare Antwort. Das „Tausendjährige Reich“ der NSDAP bestand gerade einmal zwölf Jahre, und auch die Bühne seiner Selbstinszenierung in den alljährlichen „Reichsparteitagen“ droht nach weniger als hundert Jahren zu verfallen. Einige Elemente mussten bereits aus Sicherheitsgründen abgerissen werden. Alleine die Sicherung der erhaltenen Bauteile verschlingt alljährlich Millionen und stellt eine erhebliche Belastung für den Nürnberger Stadtetat dar. Eine Entscheidung, ob und wieweit die Hinterlassenschaft der NS-Zeit generalsaniert und damit für die Nachwelt erhalten werden sollte, hängt von der Bewertung und einer zukünftigen Nutzung ab. Dazu lud die Stadt Nürnberg nun Experten aus mehreren Ländern zu einer Stellungnahme ein.

Kein Spektakel für Touristen

Die Widersprüche in der Beurteilung der Rolle des NS-Geländes traten dabei deutlich zutage. Während Christoph Cornelißen (Goethe-Universität Frankfurt) und Neil Gregor (Universität of Southampton) die Einzigartigkeit dieser Anlage betonten, die als Bühne für eine kritische Auseinandersetzung mit dem „Dritten Reich“ und seinen Schattenseiten dienen müsse, sahen Ulrich Herbert (Universität Freiburg) und Birthe Kundrus (Universität Frankfurt) im Aufmarschgelände als verharmlosende „Show-Seite“ des Regimes. Mit immer größerem zeitlichen Abstand würde diese die Oberhand in einem rein touristischen Spektakel gewinnen. Nur eine Einrichtung wie das viel besuchte Dokumentationszentrum in der Kongresshalle wäre demnach erhaltenswert.
Ob und wieweit andere Teile des Parteitagsgeländes ähnliche Funktionen übernehmen können, sei nun die Aufgabe weiterer Diskussionen. Demgegenüber steht die Initiative eines Kreises von Kulturschaffenden, darunter der frühere Nürnberger Kulturreferent Hermann Glaser und die Schriftsteller Hans-Magnus Enzensberger und Johanno Strasser, welche die Aufmarschbühne  des Zeppelinfeldes, von der aus Hitler seine Reden hielt, einem gesteuerten Verfall überlassen möchten –  bis hin zur Entstehung eines überwucherten Landschaftsgartens: „Die Tribüne ist kein deutsches Denkmal, sondern der Rest einer Anmaßung.“

 

Franz Metzger

 

 

Zuletzt geändert: 22.10.2015