Eine Schriftforscherin hat auf einer Goldscheibe den bislang ältesten Hinweis auf die nordische Gottheit identifiziert.
von Michael Feldhoff
Wir berichten in dieser Rubrik des Öfteren über Ausgrabungen, die belegen, dass Ereignisse viel früher stattgefunden haben als man bisher annahm. Bei der Beulenpest haben sich die Historiker um schlappe 1000 Jahre vertan, der Maya-Kalender hat zeitiger begonnen, und der moderne Mensch verließ viel früher Afrika, um sich auf anderen Kontinenten auszubreiten. Diesmal geht es um den höchsten nordischen Gott Odin, der heutzutage vor allem in Marvel-Comicverfilmungen vorkommt. Er wurde bereits im frühen 5. Jahrhundert unter diesem Namen verehrt, 150 Jahre eher als bisher bekannt.
Auf einer Goldscheibe verewigt
Der Beleg ist eine Inschrift auf einem goldenen Brakteaten, einer dünnen Scheibe ähnlich einer Münze. Diese gehört zu einem Goldschatz von einem Kilogramm Gewicht, den ein Hobbyarchäologe vor zweieinhalb Jahren in Dänemark entdeckte und der nach dem Fundort „Schatz von Vindelev“ genannt wird.
Die Schriftkundlerin Lisbeth Imer vom Dänischen Nationalmuseum fand jetzt heraus, dass auf der Goldscheibe die Worte „Er ist Odins Mann“ in Runenschrift eingraviert sind. Sie gelten wahrscheinlich einem unbekannten König oder Häuptling, der vor rund 1600 Jahren lebte und dessen Gesicht wohl auf der Scheibe dargestellt ist. Die bis dato älteste bekannte Inschrift mit dem Namen Odin stammt von einer Gewandspange aus der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts im bayerischen Nordendorf.