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Archäologie

Farbe für die Osterinsel

Archäologen haben auf der Osterinsel eine prähistorische „Farb-Fabrik“ entdeckt. Der Fund zeigt auch, die Ureinwohner waren nach Rodung ihrer einst dicht bewaldeten Insel keineswegs dem Untergang geweiht.

Die Steinfiguren sind das berühmteste Zeugnis der Ureinwohner der Osterinsel. Aber auch in der Produktion roter Farbe waren die Rapanui sehr geschickt | © Andreas Mieth, Uni Kiel

 

Sie ist berühmt für ihre monumentalen Steinstatuen – und sie gilt als Mahnmal für die Folgen des Raubbaus an der Natur: die Osterinsel (s. Blickpunkt G/Geschichte 4/2018: „Die Osterinsel“). Untersuchungen einer prähistorischen Pigment-Werkstatt legen nun nahe, dass die Gesellschaft der einstigen Inselbewohner, der Rapanui, auch ohne Bäume noch sehr leistungsfähig war.

350 Gruben am Fuß des Vulkans

Ein Archäologenteam um Svetlana Khamnueva von der Universität Kiel stieß bei Grabungen am Hang des Inselvulkans Maunga Terevaka auf die Werkstatt. Die Forscher entdeckten in einer Flussterrasse mehr als 350 Gruben, die von Menschen angelegt worden sein müssen. Diese fassten durchschnittlich 100 Liter und enthielten ein pudriges, rotes Material.

Anhand von Laboranalysen identifizierten die Archäologen das rote Pulver überwiegend als Hämatit. Dieses eisenhaltige Mineral war in der Frühgeschichte allgemein als rotes Pigment zum Malen und Färben beliebt. Die Rapanui erzeugten den Farbstoff wohl, indem sie das Gestein zermahlten und in den Gruben erhitzten. Die Forscher datieren ihre Funde in die Zeit von 1210 bis 1390 und von 1420 bis 1650.

Eine der mit rotem Pigment gefüllten Gruben. Die dunklen Bänder in der Grubenfüllung stammen von verkohltem Gras. | © Andreas Mieth, Uni Kiel

Das Besondere ist nach Ansicht der Wissenschaftler ein Detail des Herstellungsprozesses: Die Gruben sind erstaunlich fein und regelmäßig geschichtet. Das deute auf zahlreiche Brandvorgänge hin, in fast industriellem Maßstab – und das obwohl als Brennmaterial nur getrocknetes Gras zum Einsatz kam.

Gängige Theorie überholt

Holz stand den einstigen Inselbewohnern zum Zeitpunkt der Produktion kaum noch zur Verfügung: Ihre Wälder hatten sie und ihre Vorfahren da schon weitgehend abgeholzt. Bislang gingen viele Forscher davon aus, dass die Kultur der Rapanui damit dem Untergang geweiht war, weil Erosion den fruchtbaren Boden raubte.

Wofür genau die Rapanui das rote Pigment verwendeten, wollen die Archäologen indes noch ergründen. Fest steht: Auf der Osterinsel galt die Farbe Rot einst als heilig. Sie stand für physische und spirituelle Kraft und Fruchtbarkeit. Möglicherweise waren sogar die Moai einmal damit bemalt.

 

Sebastian Kirschner

Zuletzt geändert: 31.07.2018