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Gardasee oder doch Ukraine?

Forscher haben nun die Herkunft der wohl berühmtesten Frauenfigur der Steinzeit, der Venus von Willendorf, (fast) geklärt.

von Michael Feldhoff

Links: Die elf Zentimeter hohe Venus mit ausladenden Hüften und großen Brüsten. Rechts: Fluoreszenzaufnahmen und Mikro-CT zeigen die innere Struktur der Figur detailliert wie nie zuvor. | Bild: Gerhard Weber/Universität Wien

 

Weltbekannt ist die 30 000 Jahre alte Venus von Willendorf, die 1908 in Niederösterreich entdeckt wurde. Ist sie doch eine der frühesten Skulpturen menschlicher Kunst. Aber vieles um die Figur herum ist rätselhaft. Wollte der Schöpfer bloß ein Schmuck­objekt erschaffen? Oder hat die Venus religiöse Bedeutung? Kurz gesagt: War sie Porno oder Kult?

Hohe Mobilität in der Steinzeit

Immerhin – es gibt neue Erkenntnisse. Ein deutsch-österreichisches Forscherteam hat die Venus einer hochauflösenden Mikro-Computertomografie unterzogen und entdeckt, dass das Material der Figur nicht aus Willendorf und Umgebung stammen kann, weil es dort gar nicht vorkommt. Der aus Millionen kleiner Kügelchen verbackene Kalkstein wird auf den Bereich um den Gardasee taxiert oder sogar auf die Ostukraine.

In beiden Landstrichen kommt das Sedimentgestein Oolith vor, aus dem die Venus besteht. Für Italien spricht die nahezu identische Feinstruktur des Materials, für die 1600 Kilometer entfernte Ostukraine, dass dort bereits steinzeitliche Frauenfiguren gefunden wurden, die der Venus erstaunlich ähnlich sind. Die Wissenschaftler präferieren Italien und vermuten, dass das Material 700 bis gut 900 Kilometer über die Alpen nach Österreich transportiert wurde. Eine Meisterleistung – und ein Beweis für die Mobilität der damaligen Menschen.

 

 

 

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