Apokalypse Vietnam – Krieg im Namen der Demokratie
Vor einigen Jahren hatte ich die Gelegenheit, mit einem ehemaligen Fremdenlegionär zu sprechen, der im Indochinakrieg gekämpft hatte. Er schwärmte von der Schönheit des Landes und der Freundlichkeit seiner Menschen. Aber als er vom Krieg sprach, fiel ein tiefer Schatten auf sein Gesicht. Der Härte und Verbissenheit, mit der die Vietminh für ihre Überzeugung kämpfte, zollte er Respekt, doch sprach er auch von der »Hinterhältigkeit« der Kriegsführung. Wie immer man die Strategie Ho Chi Minhs und seines Generals Vo Nguyen Giap bewerten will — sie hatte Erfolg. Die Niederlage von Dien Bien Phu setzte einen blutigen Schlussstrich unter die kolonialen Träume der Grande Nation.
Als 1954 Vietnam geteilt wurde, traten die USA das gefährliche Erbe der Franzosen in Indochina an. Südvietnam avancierte zum »Vasallenstaat« im Kampf gegen den Kommunismus. Zuerst glaubten die Strategen im Pentagon, dass Material und Ausbilder ausreichen würden, um den Vietcong zurückdrängen zu können — eine Fehleinschätzung. 1964 kontrollierte er weite Teile Südvietnams. Der Konflikt war zum Krieg eskaliert. Die selbstbewussten Amerikaner waren nicht bereit, aus den Fehlern der Franzosen zu lernen. Mit genügend Männern, Material und Napalm, dachten sie, könne man den kommunistischen Feind ausschalten. Aber wie schon im Ersten Indochinakrieg wogen gewonnene Schlachten nicht viel. Als der Vietcong nach dem unglaublichen Blutzoll der Tet-Offensive nicht mehr kämpfen konnte, führten die Soldaten Nordvietnams den Kampf weiter. Jeden Abend brachte der Fernseher die Schreckensbilder toter Soldaten und offenbarte das Leid der Bevölkerung. Immer mehr Menschen in den USA stellten sich die Frage: »Warum kämpfen wir?«
Eine überzeugende Antwort konnten die Politiker nicht geben. Unter dem öffentlichen Druck zogen sich die USA aus dem Krieg zurück. Die vietnamesische Tragödie ging weiter:
Bruderkrieg, Umerziehungslager, Flüchtlingsströme. Und unter den schrecklichen Spätfolgen des Entlaubungsmittels Agent Orange leidet Vietnam bis heute.
Ihr, Euer
Dr. Klaus Hillingmeier
Chefredakteur G/GESCHICHTE
Schwerpunkt dieser Ausgabe
Grüne Hölle Vietnam
Die größte Niederlage in der Geschichte der USA
Die letzten Tage von Saigon
Das Ende des Vietnamkriegs
Vietnamchronik
Der dreißigjährige Krieg
Das Stalingrad Frankreichs
Die Schlacht um Dien Bien Phu
Ho Chi Minh
Porträt eines Revolutionärs
Ein geteiltes Land
Vietnam zwischen den Systemen
Eskalation!
Gefecht im Golf von Tonking
Krieg ohne Fronten
Die US-Kriegsmaschine im Kampf gegen den Vietcong
Ein Meer aus Leiden
Napalm, Agent Orange und Massaker an Zivilisten
TET – Tödliches Neujahrsfest
Der Vietcong geht in die Offensive
Schreckensbilder
Der Krieg und die Medien
Bring them home!
Friedensbewegung, Hippies und Studentenproteste
NAM
Momentaufnahmen aus einer Welt am Abgrund
Die gebrochene Generation
Die Veteranen zwischen Trauma und Drogen
Rückzug auf Raten
Wie Südvietnams Niederlage besiegelt wurde
Platoon
Vietnam auf der Leinwand
Trauma einer Supermacht
Irak, Afghanistan und der lange Schatten der Niederlage
Weitere Themen
Blickpunkt
Der Neandertaler in uns
Neue Serie! Monster und Fabelwesen
Nessie
Geschichte im Alltag
Klosterfrau Melissengeist
Porträt
Karl Martell