G/GESCHICHTE September 2012

Die Germanen

Liebe Leserinnen und Leser!

Kelten sind Kult. Der Name steht für Kunst, Poesie, Musik und Mystik. Und die Germanen? Popularität genießen sie zur Zeit leider nur in der rechten Szene. Schon immer mussten die Germanen für fragwürdige Rollen herhalten: Mal treten sie uns als wilde Witzfiguren im Fell entgegen, Hörnerhelm auf dem Kopf, Keule in der Hand, voller Sehnsucht nach einem Schluck Met. Dann werden sie zu den heroischen Vorkämpfern einer freien deutschen Nation gegen den „welschen Feind“ hochstilisiert – der Cherusker Arminius ein Moltke im Kettenhemd. Noch bizarrer ihre Rolle im verquasten Geschichtsbild der Anthroposophen sowie der Vordenker des Nationalsozialismus.

Nun erscheinen sie als Lichtgestalten, einer auserwählten Rasse, gesegnet durch reines Blut. Für die römischen Chronisten sind die Germanen schlicht der Inbegriff von Barbaren: hünenhafte Krieger, wild und unberechenbar in ihrem Zorn, die nackt in die Schlacht ziehen. Treu und sittenstreng, aber ohne nennenswerte Kultur. Sie kennen keine Städte und ihre wilden Götter, stets durstig nach Menschenblut, haben ihre Heimat in unwirtlichen Wäldern und Mooren. Dabei hat es DIE GERMANEN, im Sinne einer germanischen Identität oder eines „Wir-Gefühls“, nie gegeben. Germanen, das ist ein römischer Sammelbegriff für alle Stämme und Völker östlich des Rheins, die zwar zu einer Sprachfamilie gehörten, aber trotzdem vollständig eigenständige politische Verbände bildeten.

Ihre Kriegsführung war nicht brutaler als jene der Römer. Und Kimbern, Teutonen, Markomannen und Alamannen führten nicht aus Machtpolitik Kriege, sondern weil sie die Not dazu trieb. Und Menschenopfer gab es auch massenhaft in der „römischen Unterhaltungsindustrie“. Wenn tatsächlich die materielle Kultur der Germanen im Vergleich zu den keltischen Nachbarn oder den Kulturen des Mittelmeerraums primitiv wirkt, dann darf man nicht vergessen, dass die Stämme in der Dritten Welt des Altertums lebten. Das Land war arm, die Erträge spärlich und auch Rohstoffe waren äußerst knapp. Die Bewohner Germaniens waren weder tumbe Barbaren noch hehre Lichtgestalten. Es waren schlicht Menschen, die versuchten, in einer harten Welt zu überleben.

Ihr, Euer

Dr. Klaus Hillingmeier
Chefredakteur

Germanen

Schwerpunkt dieser Ausgabe

Der Anfang vom Ende
Mark Aurels Abwehrkampf gegen die Markomannen

Die Söhne des Mannus
Auftritt der germanischen Stämme

Arminius
Der Befreier

Stämme, Krieger, Könige
Die komplexe Gesellschaft der Germanen

Ein hartes Leben
Lokaltermin in einem Dorf

Im Hain der Götter
Theologische Notizen aus den Wäldern des Nordens

Akte Moorleiche
Neue Indizien zu dem Fall der Toten aus dem Torf

Der Limes bricht
Alamannen und Franken

Wunderwaffen
Schwerter „Made in Germanien“

Chlodwig I.
Der Schöpfer

Die Ankunft der Angelsachsen
Das Epos der „Dark Ages“

Rom triumphiert
Wie aus Heiden Christen wurden

Widukind I.
Der Guerillakrieger

Blonde Bestien
Deutsch-germanische Machtmythen und Wahnvorstellungen

Was blieb
Krampus, Tolkien & Co.

 

Weitere Themen

Blickpunkt
Indien und Pakistan – Feindliche Brüder

Serie ‒ Rätsel der Deutschen Geschichte
Uwe Barschel – Der Tote im Beau Rivage

Geschichte im Alltag
Brot in seiner schönsten Form – Die Breze(l)

Porträt
Anna Amalia – Herzogin, Witwe, Mäzenin sucht

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