G/GESCHICHTE Dezember 2016

Roter Oktober 1917 – Die Russische Revolution

Liebe Leserin, lieber Leser,

es gibt keine noch so schlimme Lage für den Menschen, die nicht durch eine noch schlimmere abgelöst werden könnte, kann man bei Gorki lesen. Die Ära der Russischen Revolution kennt wenige Helden, aber sehr viele Henker. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts herrscht in Petersburg Nikolaus II., der sein Land am liebsten wie seine Moskowiter Vorgänger im späten Mittelalter regiert hätte. Noch mehr Gestern kommt mit dem Wunderheiler Rasputin an den Hof. Der Erste Weltkrieg offenbart die verkrusteten Strukturen des Systems. Dann die Februarrevolution: Soldaten meutern, Arbeiter streiken und der Zar wird abgesetzt. Ein kurzer Moment der Hoffnung auf eine Welt ohne Despoten.

Alle Macht den Räten lautet die Parole der Bolschewiki. Eine Farce, denn nach der Oktoberrevolution diktieren Lenin und seine Parteikommissare Russlands Schicksal. Die Arbeiter- und Soldatenräte werden „gleichgeschaltet“. Als 1921 die Matrosen von Kronstadt Meinungsfreiheit sowie freie Wahlen fordern, antworten die Bolschewiki mit dem brutalen Einsatz der Roten Armee unter Trotzki. Ein weiterer Vollstrecker der Partei ist Felix Dserschinski, dessen Geheimpolizei Tscheka gnadenlos echte oder vermeintliche politische Gegner verfolgt. Nach Lenins Tod wird Stalin die Diktatur des Schreckens über Jahrzehnte fortsetzen.

Und nicht nur die Bolschewiken überzogen das Land mit Terror, auch ihre reaktionären Gegner im Bürgerkrieg kannten wenig Gnade. Den Vormarsch der Weißen Armee markieren Massaker an wehrlosen Zivilisten. Die Plünderungen der „Weißen“ und die Zwangsabgaben führen zu einer der schlimmsten Hungersnöte des 20. Jahrhunderts. Was aus diesen düsteren Tagen nachhallt, ist Gorkis mahnende Frage: „Wann werden wir aufhören, zu töten?“

Ihr

Klaus Hillingmeier,
Chefredakteur

Titel dieser Ausgabe

Nikolaus II.
Aus Prinzip Autokrat

Rasputin
Der Wunderheiler, der der Zarin zum Verhängnis wurde

General Brussilow
Blaues Blut für die Rote Armee

Lenin
Vom Adelssohn zum Berufsrevolutionär

Alexandra Kollontai
Die erste Ministerin der Welt

Dserschinski
Vom Verfolgten zum Vollstrecker

Trotzki
Der Organisator der Revolution

General Wrangel
Die gescheiterte Konterrevolution

Gorki
Der Dichter gab dem Proletariat eine Stimme

Stalin
Er erledigte die Drecksarbeit für Lenin

Im Interview
Die Osteuropa-Historikerin Jutta Scherrer über die Auswirkungen der Revolution auf Russland heute

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