G/GESCHICHTE Januar 2017

Die frühen Christen – Im Zeichen des Kreuzes

Liebe Leserin, lieber Leser,

für Historiker ist Jesus kaum zu fassen. Kein zeitgenössischer griechischer oder römischer Chronist hat den Prediger aus Galiläa überhaupt erwähnt und beweiskräftige archäologische Funde fehlen. Unser Bild von Jesus prägen die vier Evangelisten, Männer, die vielleicht noch nicht geboren waren, als der Präfekt Pilatus mit starker Hand in Judäa regierte. Wer Jesus war, kann kein Historiker oder Archäologe beantworten. Dies muss eine Frage des Glaubens bleiben. Was aber der Historiker schildern kann, ist, wie die frühen Christen die Welt veränderten.

Als „Menschenhasser“ mit „verabscheuungswürdigen Gebräuchen“ verurteilte der Geschichtsschreiber Tacitus die Anhänger der neuen Religion. Die Einstellung der Kaiser zu den Christen oszillierte zwischen Duldung und Verfolgung. Machtvolle Kaiser wie Trajan oder Hadrian sahen in den Gläubigen eher ein lästiges juristisches Problem denn eine ernste Bedrohung für ihr Imperium. Erst im 3. Jahrhundert, als das Römische Reich in eine Staatskrise geriet, kam es zu systematischen Verfolgungen. Unter Kaiser Konstantin toleriert, avancierte der katholische Glaube unter Theodosius I. zur Staatsreligion im Imperium Romanum.

Es ist der Tod der Antike. Die Tempel der alten Götter mussten für immer ihre Pforten schließen, die Olympischen Spiele wurden verboten sowie ganze philosophische Schulen verdammt. Auch die unverkrampfte Beziehung des antiken Menschen zur seinem Körper und dessen Bedürfnissen fand ihr Ende. Der Mensch galt nun nicht mehr als Maßstab aller Dinge.

Ihr

Klaus Hillingmeier,
Chefredakteur

Themen dieser Ausgabe

Tod eines Unruhestifters
Der letzte Tag im Leben Christi

Die Urgemeinde in Jerusalem
Nächstenliebe, Gütergemeinschaft und brennende Fragen

Aufbruch in die Welt
Die Paulus-Mission

Der Glaube eines Zweiflers
Die Thomas-Christen in Indien

Es begann in Jerusalem
Kleine Chronik der frühen Kirchengeschichte

Der Chronist und die Katastrophe
Die Rebellion der Juden gegen die Römer

Woran glauben?
Vier Evangelien und viele rätselhafte Schriften

Kirche im Untergrund
Gemeindeleben zwischen Duldung und Verfolgung

„Es braucht mehr Fantasie und Konsequenz“
Die Theologin Sabine Bieberstein über die Rolle der Frauen in der frühen Kirche

Konkurrenz und Vorbild
Die Kulte um Isis und Mithras

Aus dem Schatten ins Licht
Die Geburt unserer Kunst

Der Weg der Entsagung
Von Wüstenmenschen und Säulenheiligen

„Gott zweiter Klasse?“
Der erste „Ketzer“: Arius

Ein Kaiser, ein Glaube
Der Einzug der Christen in die Korridore der Macht

Weitere Themen

Blickpunkt
Herr der Mythen – Eine biografische Reise zu den fantastischen Welten des J. R. R. Tolkien

Neue Serie: „Menschen und Gärten“
Der „Grüne Fürst“ – Hermann von Pückler und die Parks von Muskau und Branitz

Geschichte im Alltag
Puder – Vor tödlichen Nebenwirkungen wird gewarnt

Porträt
Dr. August Oetker – Ein Mann, eine Marke