Mythos Indien – Die Ära der Großmoguln
Liebe Leserin, lieber Leser,
kein Gebäude lässt sich mit dem Taj Mahal vergleichen: Das Grabmal ist von unerwarteter Monumentalität und wirkt dabei fast zerbrechlich. Längst zum nationalen Symbol Indiens avanciert, ist der Taj Mahal doch das Vermächtnis einer islamischen Dynastie, die als Eroberer auf den Subkontinent kam und in deren Adern das Blut Dschinghis Khans und Timurs floss: die Moguln. 1526 hatte Babur dank mobiler Artillerie über die Elefanten des Sultans von Delhi triumphiert und ein Reich begründet, das sich von Bergen Afghanistan bis zum Ganges ausdehnte.
Der Schlüssel zum Erfolg der Moguln hieß Toleranz. Baburs Enkel, Akbar der Große, vereinte Realpolitik und Mystik in einer Person. Seine Verwaltungsreform integrierte die Eliten der Kriegerkaste in sein Lehenssystem und eine neue Gesetzgebung befreite alle anderen Hindu-Untertanen von diskriminierenden Kopf- und Pilgersteuern. Als er sein Reich auf solide Fundamente gestellt hatte, kam die Zeit für eine der kühnsten Visionen der Menschheitsgeschichte: die Religionen miteinander zu versöhnen.
Der Totengräber dieser Utopie hieß Aurangzeb. Der sechste Großmogul ließ Hindu-Tempel zerstören, errichtete auf ihren Trümmern Moscheen und befahl seinen Heerführern, den Süden des Subkontinents zu unterwerfen. Als Aurangzeb 1707 starb, war das Imperium so riesig wie morsch. Sikhs, Marathen und Rajputen schärften ihre Waffen für den Kampf gegen Delhi. Und wie Geier warteten die europäischen Mächte, allen voran die Briten, auf ihre Chance, sich auf den Kadaver des Mogulreiches zu stürzen.
Ihr
Klaus Hillingmeier,
Chefredakteur
Themen dieser Ausgabe
Zerrissenes Erbe
Was nach der Kolonialherrschaft kam
Der Tiger verschlingt Indien
Der „Mongole“ Babur wird vom Aggressor zum Landesvater
Gott ist ein Ozean
Akbar der Große will die Religionen versöhnen
Chintz
Wie ganz Europa den Farben Indiens verfiel
Der Taj Mahal
Leidenschaft in Marmor
Harem
Einblick in eine verbotene Welt
Augentrost und Morgenbrise
Warum die Großmoguln ihre Elefanten vergötterten
Ein Franzose in Indien
Der Diamantenhändler Jean-Baptiste Tavernier
Dieser verdammte Diamant
Der Koh-I-Noor brachte wenigen Glück, vielen den Tod
Der Totengräber auf dem Pfauenthron
Aurangzeb sorgt für den Niedergang des Mogulreichs
Der letzte Großmogul
Bahadur Schah wird zum Verlierer der Geschichte
Land der Tausend Götter
Indiens Religionsvielfalt
Kämpfer vor keinem Herren
Salman Rushdie und die Satanischen Verse
Weitere Themen
Blickpunkt
Fake News – Wenn Wahrheit Ansichtssache ist
Serie: „Menschen und Gärten“
Churchills Blenheim Palace – Natur, aber nach Plan
Geschichte im Alltag
Der Spielplatz – Von der Talentschmiede zum „Kinderreservat“
Porträt
Wilhelm von Humboldt – Preußischer Freigeist