G/GESCHICHTE Mai 2020
Das Rätsel der Nibelungen
– Die Deutschen und ihr Epos
„Uns ist in alten mæren“ – mit diesen Worten beginnt die Handschrift C des Nibelungenliedes. Doch was versteht der unbekannte Verfasser des Nibelungenliedes eigentlich unter einer Märe? Märchen, Sage oder historische Überlieferung? Der historische Kern der Dichtung lässt sich zeitlich ins frühe 5. Jahrhundert verorten. Es sind die wilden Tage, als die germanischen Burgunder ihr erstes Königreich am Rhein gründen und das ganze Abendland vor den hunnischen Horden Attilas zittert.
Doch einige Figuren entstammen einer archaischen Nebelwelt: Der Hüne Siegfried, der Drache Fáfnir, der Zwerg Alberich und Brünhild, mehr Halbgöttin als Frau. Dieses heidnische Personal scheint Sagen entsprungen zu sein, die schon in den Tagen der Völkerwanderung alt waren. Egal ob historische Figur oder Sagengestalt: Die Protagonisten des mittelalterlichen Nibelungenliedes lieben, hassen und morden in der Lebenswelt seines Dichters – der höfischen Welt der Kreuzzugsära.
Es sind gerade diese vielen Facetten, die das Epos erstrahlen lassen. Die romantischen Bilder des Malers Schnorr von Carolsfeld bleiben der ritterlichen Epoche des christlichen Mittelalters verpflichtet, während Richard Wagner einen düster-heidnischen Kosmos in seinem Bühnenwerk „Der Ring des Nibelungen“ beschwört. Die Vereinnahmung durch das NS-Regime hat das Epos lange seines Glanzes beraubt. Doch in Zeiten von „Der Herr der Ringe“ und „Game of Thrones“ wäre dem würdigen Werk eine Renaissance zu wünschen.
Ihr, Euer
Dr. Klaus Hillingmeier
Chefredakteur
Themen dieser Ausgabe
Burgundische Totenklage
Das Nibelungenlied aus der fiktiven Sicht eines Hofkaplans
Drachenbrut
Wie die Mythen um das Fabeltier entstanden und warum sie in den verschiedensten Kulturen so beliebt sind
Reizbare Winzlinge
Zwerge hüten Schätze und helfen gern, sind aber empfindlich
Der Ritt der Walküren
Jungfräuliche Kriegerinnen und was Künstler aus ihnen machten
Sagas aus dem Norden
Wikinger-Kunstwerke aus Norwegen künden vom späteren Epos der Deutschen
Barbaren im Rittergewand
Ein unbekannter Autor verlegt das Lied in seine feudale Zeit
Das Schicksal Burgunds
Volk und Reich gehen unter. In der Literatur überleben sie
Etzel oder Attila
Der Hunnenkönig zwischen Dichtung und Wahrheit
Goldschätze & Barbaren
Relikte der Völkerwanderung
Jackpot des Mittelalters
Was ist dran am sagenhaften Schatz der Nibelungen?
Brünhildes Schwestern
Archäologen belegen: Die Wikinger hatten weibliche Krieger
Dem Vergessen entrissen
1755 wird das Nibelungenlied wiederentdeckt
Blutschande und Hörnerhelm
Wagners „Ring“ prägt ein neues Bild der Nibelungen
Braune Götterdämmerung
Hitler findet bei Wagner den Soundtrack fürs „Dritte Reich“
Nibelungen auf der Leinwand
Fritz Langs Verfilmung erobert die Kinos
Weitere Themen
Blickpunkt: Gottesstaat Iran
Chomeinis fatales Erbe
Serie: Drogen
LSD
Geschichte im Alltag
Kontaktlinsen
Porträt
Florence Nightingale – Der Engel der Verwundeten
Reihe: Welterbe
Völklinger Hütte