Leben im Mittelalter –
Liebe, Laster, Totentanz

Schweine suhlen sich vor den Häusern, und von den Werkstätten der Gerber breitet sich ein infernalischer Gestank aus. Arme, Bettler und zuweilen Lepröse bevölkern die Gassen. Vor den Mauern verwesen die Körper der Gehenkten. Die Stadt ist kein romantischer Ort, aber sie verspricht eine Chance auf Freiheit von den Ketten der Leibeigenschaft. In den Reichsstädten herrschen die Patrizier, die alteingesessenen Geschlechter. Eine Ausnahme bildet Köln, wo 1396 die Zünfte die Macht übernommen haben und jetzt die Politik bestimmen.

Würfelspiele auf dem Friedhof, landsknechtiges Saufen im Wirtshaus oder ein Besuch bei den „Fensterhennen“, den leichten Mädchen der Stadt – das Laster triumphiert im Spätmittelalter, aber auch die Tugend. Fromme Stifter errichten Spitäler für Arme und Gebrechliche, und für die Leprakranken gibt es eine städtische Grundversorgung.

Mittelpunkt des Lebens ist die Familie. Die Position der Ehefrau ist überraschend modern: Sie gilt als „Genossin“ ihres Mannes, der keine wichtigen Geschäfte ohne ihre Einwilligung tätigen darf. Die Generationen leben noch unter einem Dach, und im Kreis der Familie wird auch gestorben. Der Tod wird nicht verdrängt oder tabuisiert, sondern man bereitet sich darauf vor. Die Menschen des Mittelalters haben ein beneidenswertes Gottvertrauen!

Ihr, Euer

Dr. Klaus Hillingmeier
Chefredakteur

Themen dieser Ausgabe

Der Preis des Fortschritts
Waldsterben, Energiekrise und die Angst vor einer Klimakatastrophe

Der Lauf des Jahres
Landlust mit feinem Pinselstrich: Das Buch des Herzogs von Berry

Im Schweiße deines Angesichts
Das harte Leben der hörigen Bauern zwischen Frondienst, Armut und Hunger

Stadtluft macht frei
Wie aus Leibeigenen in einem Jahr und einem Tag Bürger werden

Ein kleines Universum
Der Rhein bringt Köln Reichtum, die Kirchen Pilger. Willkommen in der größten Stadt des Reiches!

Im Zeichen des Adlers
Wie sich die freien Städte zu kleinen Staaten mausern

Arbeit bringt die Welt voran
Zünftiges Leben und gute Geschäfte

Ehrlos und verachtet
Von Bettlern, Juden und dem blutigen Gewerbe der Henker

Wie die Würfel fallen
Glücksspiele auf dem Friedhof und wildes Fastnachtstreiben

Pfefferstoßen und Blinde Kuh
Ehe, Eros und Erziehung

Alles außer dem Ringelschwanz
Die Speisekarte der Epoche: Biber, Dohlen und saure Weine

Frau Venus regiert die Welt
Prostitution hat Hochkonjunktur, die Bordelle boomen

Wenn Beten nicht hilft
Schwarzer Tod, Lepra und das rätselhafte Feuer des Antonius

Der Tod gehört zum Leben
Warum der Totentanz keine Pausen kennt

Weitere Themen

Blickpunkt: Freiheit für die Hellenen
Vor 200 Jahren kämpfen die Griechen gegen die Türken um ihre Unabhängigkeit

Serie: Gefährliche Liebschaften
Coco Chanel und Freiherr von Dincklage

Geschichte im Alltag
Die Obsternte – Vom Pflücken und Einwecken

Porträt
Thomas Millar – Techniker auf der „Titanic“