G/GESCHICHTE Oktober 2024
Der stürmische Herbst des Mittelalters –
Deutschland von 1250 bis 1519
„Romanorum Imperator“ – „Kaiser der Römer“ – lautet seit der Kaiserkrönung Ottos I. 962 der Titel der deutschen Herrscher. Am Ende des Mittelalters ist vom Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation die Rede. Doch schon lange täuscht der vollmundige Titel über den Machtverlust hinweg. Nominelle Reichsteile in Italien und Frankreich fallen im Spätmittelalter der politischen Fliehkraft zum Opfer, und in Deutschland agieren die Reichsfürsten wie kleine Könige. Die Stärke der Kaiser aus den drei Dynastien der Habsburger, Luxemburger und Wittelsbacher liegt primär in ihrer Hausmacht, also jenen Territorien, die sie als Reichsfürsten direkt beherrschen – alles andere ist eine Frage geschickter Politik.
Der Herbst des Mittelalters ist stürmisch: Thronkämpfe spalten das Reich, die Schweizer rebellieren und die Flamme der Vorreformation entzündet den Feuersturm der Hussitenkriege. Und dann noch die Apokalypse der Pest mit Pogromen und Geißlerzügen als Nebenwirkung. Aber es gibt auch heitere Kapitel in der Chronik der Epoche. Dank König Sigismund überwindet das Konzil zu Konstanz die Spaltung der Kirche. Karl IV. gründet die Universität zu Prag, der Dichter Enea Silvio Piccolomini formuliert erstmals die europäische Idee, und das Traumpaar Maximilian und Maria von Burgund lässt die Welt wieder an Romantik glauben.
Ihr, Euer
Dr. Klaus Hillingmeier
Chefredakteur
Themen dieser Ausgabe
Der „Theuerdank“ Maximilians
Mit seinem Versroman träumt sich der Kaiser in eine glorreiche Vergangenheit als Ritter zurück
König gesucht
Seit dem Untergang der Staufer herrscht Chaos. Kann Rudolf I., 1273 gewählt, das Reich einen?
Ein Kaiser aus Bayern
Eine Doppelwahl. 1314 gibt es im Reich plötzlich zwei Könige und das Spiel um den Thron beginnt
Schach dem Papst
Der radikale Reformentwurf des Marsilius von Padua
Der große Staatsmann
Kaiser Karl IV. meidet Kriege und setzt auf Handel. Unter ihm wird Prag zur glanzvollen Metropole
Die Goldene Bulle von 1356
Erstmals wird eine Verfassung für das Reich konzipiert
Der Schwarze Tod in Europa
Millionen von Menschen sterben von 1347 bis 1353 an der Pest
Spaltung der Welt
König Sigismund beruft 1414 das Konzil von Konstanz ein
Glaubenskrieg
Ein gewiefter Kleinadeliger führt ab 1419 einen bunten Haufen von Hussiten gegen König Sigismund
Die Erzschlafmütze
Friedrich III. regiert trotz mächtiger Gegner 53 Jahre lang, länger als alle anderen Kaiser
Ein Dichter wird zum Papst
Enea Silvio Piccolomini (Pius II.) und die europäische Idee
Maximilian I., der letzte Ritter
1477 zieht der Kaisersohn hoch zu Ross in Gent ein, um Maria von Burgund zu ehelichen
Weitere Themen
Blickpunkt: Künstliche Intelligenz (KI)
Faszination mit Tradition
Serie: Gefährliche Liebschaften
Marlene Dietrich und Jean Gabin
Geschichte im Alltag
Zuckerwatte
Porträt
Elizabeth „Lee“ Miller