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Pest im Mittelalter

Unschuldige Ratten?

Ratten sollen für die Verbreitung der Pest im Mittelalter verantwortlich gewesen sein. Simulationen von Wissenschaftlern aus Norwegen legen einen anderen Schluss nahe. Sie verweisen auf den Menschen.

Braune Ratte

Bisher gelten Rattenflöhe als einer der Hauptüberträger der Pest | © Istockphoto.com/GeorgeDolgikh

Millionen Menschen starben im mittelalterlichen Europa und Asien an der Pest. Ein Ausbruch im 13. Jahrhundert soll etwa ein Drittel der europäischen Bevölkerung dahingerafft haben. Ratten und deren Flöhe galten lange als Hauptverdächtige, wenn es um die Verbreitung des Erregers Yersinia pestis ging. Eine neue Studie stellt diese Annahme nun infrage.

Keine Berichte über massenhaftes Rattensterben

Ausgehend von neuzeitlichen Pestepidemien gingen viele Forscher bisher von folgendem Übertragungsweg aus: Eine mit dem Pesterreger infizierte Ratte stirbt, woraufhin deren Flöhe den Körper verlassen, um sich einen neuen Wirt zu suchen. Beißen diese Flöhe nun Menschen, gelangt das Bakterium Yersina pestis in die Blutlaufbahn.

Einige Historiker vermuten jedoch andere Szenarien. So gibt es aus dem Mittelalter keine Berichte über ein massenhaftes Rattensterben im Zusammenhang mit der Pest – ein Unterschied zu modernen Ausbrüchen der Seuche. Außerdem verbreitete sich die Krankheit im Mittelater deutlich schneller als in der Neuzeit. Einige Forscher haben deshalb die Idee ins Spiel gebracht, dass vor allem menschliche Parasiten für die Übertragung der Krankheit verantwortlich sein könnten.

Mathematische Modelle zur Pest

Dieser Theorie ist nun die Doktorandin Katharine Dean auf den Grund gegangen. Sie forscht am Centre for Ecological and Evolutionary Synthesis der Universität Oslo. Anhand mathematischer Modelle legte sie Übertragungsmuster innerhalb der Bevölkerung fest. Diese unterscheiden sich je nachdem, ob die Erreger von Rattenflöhen oder von menschlichen Parasiten übertragen werden. Anschließend verglichen Dean und ihr Co-Autor Boris Valentijn Schmid die Simulationen mit tatsächlichen Pestausbrüchen zwischen 1348 und 1813. In sieben von neun Fällen kam das Modell menschlicher Parasiten den historischen Daten näher als die Berechnungen für eine mögliche Infektion über Rattenflöhe. Demnach wäre es wahrscheinlich, dass der Schwarze Tod im Mittelalter vor allem von Menschen – oder genauer – deren Parasiten, nicht von Ratten, verbreitet wurde. Fest steht: Deans Forschungsergebnisse werden vermutlich für Kontroversen sorgen.

Zuletzt geändert: 18.1.2018