« zurück
Kampf im Kolloseum

Eine harte Schule: Das Leben der Gladiatoren

Gladiatoren waren ausgestoßene Männer mit einem Ehrenkodex: Nur in einem gefährlichen Spiel winkte der Ruhm. Ihr Leben war hart, blutig und meistens sehr kurz.

Der Kampf in der Arena war in der Rege nicht freiwillig und gefährlich | ©istockphoto.com/duncan1890

„Aufrecht und unbesiegbar musst du sterben. Was macht es schon für einen Unterschied, wenn du ein paar Tage oder Jahre mehr herausschindest. Wir sind in eine Welt geboren, in der kein Pardon gegeben wird.“ Auch wenn die meisten Gladiatoren mit der stoischen Philosophie Senecas nicht vertraut gewesen sein dürften – sie lebten, was er lehrte. Todesverachtung war für sie die höchste aller Tugenden.

Kolosseum statt Kreuzigung

Der Nachschub für die Gladiatorenkämpfe rekrutierte sich in der Regel aus dem Bodensatz der römischen Gesellschaft: Sklaven, Kriegsgefangene, Kriminelle. Einfache Sklaven boten immer ein Risiko, da man ja nicht wusste, ob sie überhaupt das Talent zum Kämpfer hatten. Da waren Kriegsgefangene schon vielversprechender.

Schwerverbrecher, die nicht das Privileg des römischen Bürgerrechts besaßen, konnten durch die Gerichte statt zu einer Kreuzigung zu einem „Auftritt“ im Kolosseum verurteilt werden. Der Täter wurde dann den Bestien vorgeworfen oder musste ohne eine Rüstung gegen Profi-Gladiatoren antreten. Wenn er aber bei Gericht mehr „Glück“ hatte, fand er sich einer Gladiatorenschule (ludus) wieder. Bevor man ihn nun in die Arena schickte, erhielt er das nötige Rüstzeug, um etwas länger zu überleben.

Freiwilliges Schicksal

Neben diesen Verlorenen und Ausgestoßenen gab es aber auch immer wieder freie Römer, die mehr oder weniger freiwillig die Karriere zum Gladiator einschlugen. Einige hatten finanzielle Probleme, andere lockte der Ruhm und manchen trieb auch eine Todessehnsucht. Gemeinsam war ihnen, dass sie sich selbst in die Sklaverei auf Zeit verkauften.

Besiegelt wurde der Vertrag mit einem grausig-feierlichen Eid mit dem sich der Novize den Göttern der Unterwelt weihte und bereit erklärte, alle Härten und Erniedrigungen zu ertragen. Mit der Freiheit und dem Recht am eigenen Körper hatte er für alle Zeit seine bürgerlichen Privilegien verloren.

Niedriges gesellschaftliches Ansehen

Ihr absoluter Herr war nun der lanista, der Manager und Promoter des ludus. Egal, ob er der Besitzer war oder die Gladiatorenschule im Auftrag des Kaisers führte, sein gesellschaftliches Ansehen war nicht sonderlich besser als jenes seiner Schützlinge. Doch zumindest konnte er mit Profit rechnen, wenn seine Gladiatoren in der Arena triumphierten.

Gladiatoren wurden in einem höllischen Feuer geschmiedet. Der Geschichtsschreiber Arrian über die Ausbildung: „Übergib dich deinem Trainer wie ein Patient seinem Arzt. Es kann sein, dass man dich als Leiche in einen Graben wirft oder du dir die Schulter ausrenkst, einen Knöchel verstauchst, eimerweise Staub frisst oder Schläge bekommst.“

Willkommen auf dem Trainingsplatz!

Einen zentralen Bestandteil der Ausbildung hatten die Gladiatorenschulen von der römischen Legion übernommen: Stundenlang musste der Gladiator mit einem Holzschwert auf einen schweren Holzpfosten einschlagen. Und damit die Sache nicht zu leicht wurde, war die Waffe mit Blei beschwert. Mit welchen Übungen ansonsten der Muskelaufbau der „Novizen“ gefördert wurde, ist leider unbekannt, doch da die Muskeln der Gladiatoren „ohne jedes Maß“ ausgebildet waren, wie der antike Arzt Galen notierte, muss man von stundenlangem Krafttraining mit Gewichten ausgehen.

Der wichtigste Bestandteil der Ernährung für Gladiatoren war nicht Fleisch, sondern Gerste, ein Getreide, das die Römer normalerweise als Tierfutter verwendeten. Hinzu kam je nach Saison Gemüse oder Obst und natürlich Hülsenfrüchte. Als „Nahrungsergänzung“ erhielten die Kämpfer ein Präparat auf Basis von Knochenmehl, um die Calciumwerte zu steigern. Eine gewisse Fettschicht war nicht unbedingt ein Nachteil, solange darunter entsprechende Muskelmassen lagen, denn das Fett bot einen gewissen Schutz für Sehnen und Arterien.

Ein dutzend verschiedene Gladiatorentypen

Nach dem Rohschliff des Rekruten, musste der lanista entscheiden, in welcher Galdiatorengattung der Rekrut seine Spezialausbildung erhalten sollte. Dabei war die physische Konstitution des Rekruten ein entscheidendes Kriterium, aber auch die regionale Herkunft, seine Vorkenntnisse im Waffenhandwerk oder die aktuellen „Bedarfslücken“ durch Todesfälle konnten eine Rolle spielen. Es gab in der Kaiserzeit ungefähr ein Dutzend von Gladiatorentypen, die regelmäßig in der Arena auftraten, zudem etliche Sonderformen, die wohl nicht zum Standardpersonal zählten.

Der klassische Gladiator war der murmillo, der mit dem kurzen Schwert und dem rechteckigen Schild der Legionäre kämpfte. Der murmillo trug Beinschienen, seinen Schwertarm schützte ein dickes Stoffpolster und auf dem Kopf trug er einen imposanten Bronzehelm.

Weitere verbreitete Gladiatorentypen der Kaiserzeit waren der hoplomachus, der retiarius, der secutor sowie der thraex. Wesentlich seltener schienen berittene Gladiatoren in der Arena gekämpft zu haben oder essedarii, die im Streitwagen kämpften. Das bizarrste Spektakel boten vielleicht die andabatae, die mit verbundenen Augen oder völlig geschlossen Helm gegeneinander kämpften.

Ein dutzend verschiedene Gladiatorentypen

In unzähligen Zweikämpfen mit Übungswaffen aus Holz trainierte der Rekrut nun die spezielle Kampfweise seiner Gattung und die Abwehr der taktischen Tricks seine potentiellen Gegner. Ein murmillo musste lernen, sich trotz seiner schweren Ausrüstung schnell und sicher zu bewegen, der fast ungeschützte retiarius jeglichen Kontakt mit dem Schwert seines Gegners zu vermeiden. Noch war ein Fehler nicht tödlich – aber jetzt schon galt es, die Anatomie der Arena zu erlernen: Wo konnte man seinen Gegner töten? Welche Treffer machten ihn kampfunfähig, welche behinderten ihn nur?

Überwacht wurde das Training vom doctor, dem Ausbilder der Schule, einem Veteranen, der in der Hackordnung des ludus ganz oben stand. Danach folgten die Topkämpfer der Schule und schließlich jene, die wenigsten schon einmal gekämpft hatten. Ganz unten im ludus: die Küchen- und Putzsklaven. Eine Sonderstellung nahm der medicus ein. Der Arzt konnte wie seine Patienten ein Sklave sein, es gab aber auch freie Männer wie den griechischen Gelehrten Galen, der Mitte des 2. Jahrhunderts in Pergamon Gladiatoren betreute.

Götter, Helden, zarte Blumen

Nach Monaten des Trainings war der Neuling für sein Debüt in der Arena bereit. Spätestens jetzt erhielt er seinen Künstlernamen. Beliebt waren mythologische Titel wie „Hermes“, „Castor“ und „Hector“ oder glückverheißende Namen wie „Felix“ („der Glückliche“) oder „Victor“ („der Sieger“). Einige Namen waren großmäulig die „Maximus“ („der Größte“) andere selbstironisch wie „Florus“ („die Blüte“).

In Rom war es das Privileg des Kaisers Spiele auszurichten, in den Provinzen wurden die Priester des Kaiserkults meistens damit beauftragt. Über Mittelsmänner – kein römischer Würdenträger verhandelte gerne mit einem lanista persönlich – wurden dann die Gladiatoren für die Kämpfe gebucht.

Ein Teil des Mitpreises, ungefähr ein Fünftel, erhielten die Gladiatoren als Sold, den Löwenanteil behielt der lanista für seine Investitionen. Zusätzlich konnte er mit Entschädigungen rechnen, wenn einer seiner Männer in der Arena getötet wurde – je nach Bedeutung der Veranstaltung zwischen 3000 und 15 000 Sesterzen. (Zum Vergleich: einen ungelernten Sklaven gab es für 400 Sesterzen, für einen talentierten Koch musste man 8000 investieren.)              

Festbankett vor den Spielen

Am Vorabend der Spiele wurden die Gladiatoren in einem Festbankett fürstlich bewirtet. Die Mahlzeit war öffentlich, damit die Fans ihre Helden bewundern und Wettbegeisterte ihre Favoriten auswählen konnten. Trotz aller Versuchung hieß es für die Kämpfer Maß halten, denn Völlerei oder unmäßiger Weingenuss konnten sich ja böse rächen – schließlich wartete auf sie ein Rendezvous mit dem Tod.

Am Nachmittag des nächsten Tags schlug nach Tierhetzen, Hinrichtungen und Paraden dann für die Gladiatoren die Stunde des „Scharfen Eisens“. Normalerweise sorgte ein lanista dafür, dass Gladiatoren mit ähnlicher Kampferfahrung miteinander kämpften, aber es konnte auch vorkommen, dass ein Neuling gegen einen erfahrenen Veteranen antreten musste. Ein antiker Autor versuchte zu schildern, wie sich ein ängstlicher Gladiator in diesem Moment gefühlt haben mag:

„Niemand konnte mein Schicksal kennen, meine Herkunft, meinen Vater, war ich doch übers Meer gekommen, und dennoch gab es etwas, was bei einigen Mitleid mit mir auslöste, nämlich dass ich meinen Gegner nicht gewachsen war … Laut erklang der todverheißende Klang der Trompeten, die Totenbahren wurden herein getragen: noch vor dem Tod fand der Leichenzug statt. Überall Wunden, Stöhnen, Blut.“

Regeln müssen eingehalten werden

Überwacht wurde das Duell von einem Schiedsrichter, der darauf achtete, das die Regeln eingehalten wurden und die Kontrahenten innerhalb der markierten Kampfzone blieben. Auf ein Zeitlimit hatte er nicht zu achten: gekämpft wurde in der Regel bis es einen Sieger gab. Es gab aber auch legendäre Ausnahmen wie der Kampf zwischen den Freunden Priscus und Verus bei der Eröffnung des Kolosseums. Beide Gladitoren fochten mit dem selben Mut, zeigten das gleiche Geschick, dass es zu keiner Entscheidung kam.

Die Masse war hingerissen und forderte ein Unentschieden. Doch Kaiser Titus befahl, dass der Kampf ohne die Schilde weiter zu führen sei. Trotzdem kam es auch jetzt zu keiner Entscheidung. Die Menge tobte vor Begeisterung. Schließlich brach der Kaiser den Kampf ab. Mit der Siegespalme in der Hand, unter dem Applaus der Menge, schritten Priscus und Verus aufrecht aus dem Kolosseum.

Das Zeichen zum Todesstoß

Der Doppelsieg der Freunde blieb eine Ausnahme. Normalerweise endeten Gladiatorenkämpfe mit der Niederlage eines der beiden Fechter durch Aufgabe, Verwundung oder Tod. Im Falle einer Aufgabe lag das Schicksal des Verlierers in den Händen des Kaisers. Hatte er tapfer gekämpft, konnte er auf Begnadigung hoffe. Wenn das Publikum jedoch seinen Tod forderte, beugte sich der Kaiser meistens der Masse und gab das Zeichen zum Todesstoß in den Hals. Auf den verwunderten Gladiator wartete der medicus, auf den Erschlagenen „das Hochzeitsbett der Todesgöttin“ – die Totenbare.

Der siegreiche Kämpfer schritt dann zur kaiserlichen Loge, wo er einen Ölzweig und sein Preisgeld erhielt. Danach verlies er unter dem Beifall der Massen durch das „Tor des Lebens“ die Arena. Zu den erfolgreichsten Gladiatoren in der Geschichte der Kämpfe zählten Männer wie Incitatus mit 80 Siegen, Columbus, der 88 mal in der Arena triumphierte, und ein Gladiator namens Asteropaeus, der unglaubliche 107 Siege für sich verbuchen konnte.

Männliche Sexsymbole mit Muskeln und Narben

Solche Gladiatoren wurden vom Publikum wie Götter verehrt, und ihr Konterfei zierte Devotionalien wie Öllampen oder Figurinen. Als Inbegriff der Männlichkeit übten die Gladiatoren natürlich auch eine große Ausstrahlung auf die Damenwelt aus: „Männer geben ihre Herzen hin, Frauen auch ihren Körper“, schrieb  Tertullian.

Durch den römischen Satiriker Juvenal berühmt wurde die Senatorengattin Eppia, die mit dem Gladiator Sergiolus durchbrannte. Und will man Juvenal Glauben schenken, hatte sein gutes Aussehen gelitten: „Sein Gesicht zeigte verschiedene Entstellungen, von einer Schwiele, die der Helm verursacht hatte, bis zu einem großen Furunkel auf der Nase und eine scheußliche Flüssigkeit lief ständig aus seinem Augen. Aber wenn schon – er war Gladiator.“

Nicht immer beruhten die erotischen Begegnungen auf Freiwilligkeit. Als Sklave konnte ein Gladiator auch jederzeit von seinem Besitzer für „gewisse Stunden“ vermietet werden. Inwieweit sich derartige Liebesdienste nur auf Frauen bezogen, darüber schweigen die römischen Quellen.

Rache bis in den Tod

Gladiatoren starben nicht im Bett. Ungefähr jeder fünfte Zweikampf ging für einen der beiden Fechter tödlich aus. Für den 22-jährigen secutor Urbicus war es der 13. Kampf, der ihn ins Totenreich schickte. Auf seinem Grabstein hinterließ er einen letzten Fluch: „Ich bitte dich, den, der mich besiegt hat, zu töten!“.

Ein Gladiator hatte zwei Optionen, lebend seine Karriere zu beenden: entweder als Krüppel oder durch eine ehrenvolle Entlassung. Er erhielt dann die rudis, ein hölzernes Ehrenschwert, als Ausweis seiner neuen Freiheit. Gestern noch der Held der Massen, war er nun ein Mann, den die Menschen mieden. Die ehrbaren Berufe blieben ihm verschlossen, selbst ein Eintritt in die römische Legion war Gladiatoren trotz ihrer enormen Kampferfahrung verwehrt.

So verdingten sich viele weiter in ihrem alten Milieu: als Ausbilder in ihren Schulen oder als freie Gladiatoren, die nun auf eigene Rechnung arbeiteten. Und in der Unterwelt Roms gab es vermutlich immer eine freie Stelle für einen furchterregenden Hünen als Leibwächter, Geldeintreiber und Berufsschläger. Auf einen verkrüppelten Veteranen der Arena wartete allerdings nur noch das Lumpenleben als Bettler und die Hoffnung, dass sein verblichener Ruhm für ein paar extra Kupfermünzen gut sei.

Klaus Hillingmeier

Der Artikel erschien erstmals in G/GESCHICHTE 03/2013 „Die Gladiatoren“

Zuletzt geändert: 31.7.2018