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Legionäre

Kampfmaschine: Die römische Armee

Hartes Training, gnadenlose Disziplin, überlegene Ausrüstung und eine unbeugsame Kampfmoral – Roms Armee war eine effiziente Maschine und das Rückgrat des Imperiums.

Reenactor stellen die Aufstellung von Legionären nach, Rom 2014 | ©istockphoto.com/marialba.italia

In den ersten zwei Jahrhunderten des Kaiserreichs brauchte Rom keine Mauern, Italien kein Heer. Natürlich gab es immer wieder Scharmützel, Aufstände oder Kriege, aber die fanden irgendwo in den Urwäldern Germaniens oder den Wüsten des Orients statt, so dass man am Tiber hätte ruhig schlafen können, wenn Rom jemals zur Ruhe gekommen wäre.

Roms Sicherheit lag in den Händen seine Armee. An die 400 000 Mann bildeten die scheinbar unbesiegbare Streitmacht des Imperiums: 170 000 waren römische Legionäre, die anderen 230 000 Mann Hilfstruppen (Auxilia) aus allen Völkern des Reichs.

Beliebter Beruf

Wer in den Rängen der römischen Legion dienen wollte, musste neben der physischen Tauglichkeit immer auch das römische Bürgerrecht haben. Obgleich das Leben eines Legionärs hart und zuweilen äußerst riskant war, scheint es keinen Mangel an Freiwilligen gegeben zu haben. Denn nicht wenige Bewerber brachten ein Empfehlungsschreiben eines Veteranen oder einflussreichen Politikers mit, um ihre Chance zu erhöhen, in die Legion aufgenommen zu werden.

Die Dienstzeit belief sich auf 20 Jahre und der Jahressold lag um 100 n. Chr. für einen einfachen Legionär bei 1200 Sesterzen, für einen Zenturio bei stolzen 18 000 Sesterzen. (Eine Preisübersicht mit den für einen Legionär wirklich relevanten Ausgaben: Tunica 15 Sesterzen, Schoppen Wein 0,25 Sesterzen, Besuch bei einer billigen Prostituierten 0,5 Sesterzen).

Römisches Bürgerrecht als Sold

Die zweite Säule der römischen Verteidigung waren die Auxilia. Sie rekurrierten sich primär aus Nichtrömern, die sich für 25 Jahre verpflichten mussten und deren Sold geringer war als das Einkommen der regulären Legionäre. Wer den Dienst überlebte, erhielt bei seiner ehrenvollen Entlassung neben einer Abfindung das römische Bürgerrecht.

Fast die gesamte römische Kavallerie wurde von Auxilaren gestellt, genauso wie die Bogenschützen und die leichte Infanterie. Der Dienst bei der Auxilia war besonders riskant, denn diese Männer stellten die erste Linie der römischen Verteidigung, während die Legionen in der Sicherheit des Hinterlands lagen und nur bei ernsthaften Bedrohungen in Marsch gesetzt wurden.

Nach der Aufnahme wurde der Legionär vereidigt und erhielt seine »Hundemarke«, ein kleines Täfelchen mit Blei. Danach wurden die Rekruten in ihre »Stammeinheiten« verlegt, entweder in Begleitung eines Offiziers oder auf eigene Faust.

„Marschier oder Krepier“

Das brutale Motto der Fremdenlegion „Marschier oder Krepier“, galt auch für den antiken Vorläufer. Das erste, was der Rekrut bei der Legion lernte, war marschieren: Erst 30 Kilometer ohne Ausrüstung, dann 60 Kilometer am Tag ohne Ausrüstung und dann wieder 30 Kilometer, aber diesmal in voller Ausrüstung von 30 Kilogramm.

Auch nach der Grundausbildung empfehlen römische Militärhandbücher regelmäßige Gewaltmärsche, damit der Legionär in Übung bleibt. Auf Feldzügen lag die durchschnittliche Marschleistung einer Legion bei 25 Kilometern am Tag, konnte aber, wenn nötig, natürlich noch gesteigert werden.

Übung macht den Meister

Das Zweite, was der Legionär nach dem Marschieren lernte, war der Umgang mit seinen Waffen. Als Offensivwaffen trug er ein Kurzschwert (Gladius Hispaniensis) sowie einen Speer (Pilum).

Die Ausbildung am Gladius war von den Gladiatoren übernommen worden: Stundenlang schlug der Legionäre mit einem Holzschwert auf einen massiven Holzfahl ein, dann folgten Schwertkämpfe mit stumpfen Waffen. Wie tödlich der Gladius in geübten Händen war, davon gibt Livius in seiner römischen Geschichte Zeugnis, als er die Kämpfe zwischen Römern und Makedonen schildert:

„Jetzt aber sahen sie Körper, die der Gladius verstümmelt hatte, Arme abgehackt mitsamt der Schulter, Köpfe glatt durch den ganzen Hals vom Rumpf abgetrennt, bloßliegende Eingeweide und andere abstoßende Wunden – in Panik begriffen sie alle zusammen, mit was für Menschen und Waffen sie es zu tun hatten.“

Gefährliche Spezialwaffe

Nicht weniger gefährlich war die andere Angriffswaffe des Legionärs: das Pilum. Diese römische Spezialwaffe war eine geniale Weiterentwicklung des klassischen Speers, dessen letztes Drittel aus einen Schaft aus weichem Eisen bestand.

Die Waffe hatte nicht nur eine mörderische Durchschlagskraft, sondern war selbst gefährlich, wenn der Gegner sie mit dem Schild abwehren konnten: Das Eisen verbog sich, so dass sich das  Pilum nicht mehr aus dem Schild entwerfen ließ. Er wurde unbrauchbar und der Gegner musste seine Deckung aufgeben. Dann kam der Gladius ins Spiel …

Karriere in der Armee

Ein vollausgebildeter Legionär konnte zum Immunis aufsteigen, ein Soldat, der als Handwerker oder Schreiber diente und von vielen unangenehmen Aufgaben befreit war. Besonders ehrenvoll und lukrativ war der Dienst als Träger des Feldzeichens (Signifer), denn dieser Mann erhielt doppelten Sold.

Nicht nur wegen seines Feldzeichen wurde der Signifer in der Schlacht von den Legionären mit Aufopferung geschützt – er war auch der „Bankier“ seiner Einheit und wer wollte schon den Verlust des Verwalters seiner Ersparnisse riskieren?

An der Spitze der Legion stand der Legat, ein hoher Beamter aus senatorischem Adel. Sein Stab bildeten sechs, ebenfalls adelige, Militärtribune. All diese Aristokraten waren keine reinen Berufssoldaten, sondern Männer, die nur für einen gewissen Zeitraum in der Armee dienten, um dann im Rahmen der römischen Ämterlaufbahn wieder zivile Aufgaben zu übernehmen.

Gehorsam statt Diskussion

Die wichtigsten Männer einer Legion waren deshalb die 60 Zenturionen, hartgesottene Männer mit Kampferfahrung, die sich aus den Reihen der einfachen Legionäre hochgedient hatten. Der römische Militärtheoretiker Vegetius dazu:

„Als Zenturio muss ausgewählt werden, der wachsam, von kühlen Kopf, tatkräftig ist, mehr dazu geneigt Befehle aus zuführen als zu diskutieren, der seine Kameraden zur Disziplin anhält, sie zur Waffenübung zwingt, darauf achtet, dass sie wohlgekleidet und beschuht sind und dass die Waffen von allen geputzt und glänzen.“

Seinen schweren Knüppel aus Rebholz trug der Zenturion nicht zum Spass herum. Damit verteilte er gerne auch mal Schläge. Berühmt-berüchtigt war ein brutaler Zenturio mit dem Spitznamen „Noch einen her“, der regelmäßig seinen Knüppel auf den Rücken der Legionäre zertrümmerte bis er von seinen eigenen Männern erschlagen und in den Rhein geworfen wurde.

Drakonische Strafen

Wesentlich schmerzhafter als die Stockhiebe aber, dürfte jedoch für die meisten Legionäre die Soldkürzung gewesen sein. Eine weitere beliebte Strafe war Extradienst in den Latrinen oder das Ausmisten der Ställe.

Diese leichten Strafen galten kleinen Dienstvergehen wie schmutzigem Essgeschirr oder schlecht gepflegter Ausrüstung. Wer beim Wachdienst im Feld einschlief, der wurde gesteinigt. Auch auf Desertation galt in der Regel die Todesstrafe.

Aber nicht nur einzelne Personen, sondern ganze Einheiten bis zur Legionsstärke konnte die drakonische Härte der militärischen Gerichtsbarkeit treffen: Es gab Fälle, in denen eine komplette Legion wegen ihrer rebellischen Natur vom Kaiser aufgelöst wurden. Für die Männer eine Leben ohne Ehre, ein Leben ohne Sold und ein Leben ohne Aussicht auf Abfindung.

Straffer Tagesablauf

Der Tagesablauf in einem Legionskastell dürfe jedem vertraut sein, der das „Vergnügen“ hatte, in einer Armee zu dienen:

Wecken vor Sonnenaufgang, hastiges Frühstück, dann der Morgenappell. Es folgten Wachdienst, Reinigungsarbeiten und natürlich Drill, Drill und nochmals Drill. Den Tag beendete ein frühes Abendessen, das Zeit zum Waffen- und Rüstungsreinigung gab oder zur Pflege des eigenen Körpers.

„Wein, Weib und Wanne“

„Wein, Weib und Wanne“ waren die beliebtesten Freizeitgestaltungen eines Legionärs. Wein und eine Therme fand er in seinem Lager, doch für die Gesellschaft von Frauen musste er sein Kastell verlassen und die Kneipen in der Vorstadt aufsuchen, wo ihn Schankwirte und -weiber gerne um seinen Sold erleichtern.

Eine besonders angenehme Abwechslung im Legionsalltag bildete die „Truppenbetreuung“ durch Theateraufführungen – lasziv-derbe Komödien ganz nach dem schlichten Geschmack von Soldaten – sowie Gladiatorenkämpfe.

Vorwärts, Legionäre!

Das verhältnismäßig bequeme Soldatenleben endete abrupt, wenn der Kaiser für die Legionäre einen Marschbefehl erteilte. Jetzt musste der Legionär seinen Sold wirklich verdienen. Schon beim Vormarsch zeigte die römische Armee ihr einzigartige Disziplin.

„Diejenigen, die das Militärwesen gründlich kennen, versichern, dass auf dem Marsch gewöhnlich mehr Gefahren lauern als in der Schlacht selbst“ – nicht zuletzt die Katastrophe im Teutoburger Wald hatte gezeigt, wie Recht Vegetius mit dieser These hat.

Die Marschkolonne einer Legion, inklusive Hilfstruppen und Versorgungstross wuchs schnell auf fünf Kilometer an und war daher äußerst verwundbar. Deshalb bildeten Kavallerieeinheiten in der Regel Vor- und Nachhut, um immer wieder das Terrain nach Hinterhalten abzusuchen.

Das Lagerleben

Nach 25 Kilometer Marsch mit voller Ausrüstung hieß es, ein Lager zu errichten. Das bedeutete nicht nur den Aufbau der Zelte – ein römisches Marschlager war ein provisorisches Kastell, gesichert durch Gräben und Palisaden. Drei Stunden Arbeit mit Hacke, Spaten und Axt und das Lager war errichtet.

Zuweilen wurden auch „Lilien geplatz“, kleine Löcher mit Eisenspitzen – getarnt bösartige Fallen für den Feind. Die Feldverpflegung fiel karg aus, meisten ein Getreidebrei oder -fladen, wenn man Glück hatte noch Speck oder Trockenfleisch.

Kalkül und Kaltblütigkeit

Als professionelle Soldaten gingen die Römer kein unnötiges Risiko ein. Es galt der Grundsatz: „Gute Offiziere lassen sich nie auf Kampfhandlungen ein, wenn sich nicht eine günstige Gelegenheit dafür bietet oder es die Notwendigkeit erfordert.“

Neben hartem Training und exzellenter Ausrüstung war es diese Kaltblütigkeit, die die römische Armee immer wieder über Feinde siegen ließ, die den Legionären an Mut und Todesverachtung ebenbürtig waren. Bei der Aufstellung der Truppen wurden alle -Vorteile des Gelände aus genützt.

Ursprünglich bildeten die Legionäre das Zentrum der Schlachtreihe, während die Hilftruppen an den Flanken positioniert wurde. Doch wieso römisches Blut vergießen, wenn man fremde Hilfstruppen zu Verfügung hatte?

Auf in die Schlacht

Also stellten bald die Auxilare die ersten Schlachtlinien, während dann erst die Legionäre kamen. Die Flanken sicherte die Kavallerie. Wenn es – was selten genug war – dem Feind gelang, durch die Reihen der Auxilare zu brechen, erwarteten ihn die eiserne Phalanx der Legionäre.

Jetzt machte sich der monatelange Drill bezahlt: Die Männer arbeiten mit der Präzision einer Maschine, selbst wenn es den Angreifern gelang, trotz der Mauer aus Schilden einen der Legionäre zu verwunden, wurde dieser sofort durch einen frischen Mann ersetzt ohne das eine Lücke in der Schlachtreihe entstand.

Dabei gebrauchten die Römer „den Gladius nicht zum Schlag von oben herab, sondern zum Stoß, wozu die Spitze vortrefflich geeignet ist, stießen die Feinde in Brust und ins Gesicht und töteten, ihnen Schlag um Schlag versetzend, die meisten ihrer Gegner“, wie Livius schrieb.

Nach der Schlacht ist vor der Schlacht

Am Ende war der barbarische Zorn gebrochen und die Schreie der Verwundeten mischten sich mit dem Siegesgebrüll der Römer. Wer noch vom Feind fliehen konnte, hatte die Schwerter der Auxilarkavallerie im Nacken.

Die Toten – natürlich nur die Männer der römischen Armee – erhielten ein ehrenvolles Begräbnis, die Verwundeten – natürlich auch nur die Männer der römischen Armee – eine medizinischen Versorgung und die Mutigsten bekamen Ehrenzeichen und wurden für ihre Tapferkeit befördert.

Wer aufgrund seiner Verwundung nicht mehr dienstfähig war, wurde vorzeitig entlassen und erhielt einen Teil seiner Abfindung. Nach 20 oder 25 Jahren Dienszeit waren dann auch seine Kameraden soweit: die ehrenvolle Entlassung mit Abfindung wartete auf sie.

Nach Jahrzehnten durchorganisiertem Leben in der Legion, kam nicht jeder mit der beängstigen Freiheit des Zivillebens zurecht. Aber wer als Bauer, Handwerker oder Schankwirt scheiterte, konnte sich ja immer noch wieder
verpflichten …

Klaus Hillingmeier

Der Artikel erschien erstmals in G/GESCHICHTE 09/2011 „Weltmacht Rom“

Zuletzt geändert: 01.08.2018