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Landsknechte im Bauern und Paffenkrieg

Auslaufmodell Ritter

In der Reformation veränderte sich das Heilige Römische Reich. Wer wie Ritter oder Bauern gegen den Wandel rebellierte, den zerschmetterten die Landsknechte, die von nun an das Kriegshandwerk beherrschten.

Grausam effektiv: Landsknechte ersetzten die mittelalterlichen Ritterheere. Stich von Albrecht Dürer. | © Rijksmuseum Amsterdam

 

Die Gemetzel von Azincourt und Murten hatten mit brutaler Deutlichkeit gezeigt, dass die Tage des Rittertums gezählt waren. Wie alle Mächtigen Europas brauchten auch die Reichsfürsten nicht länger die ritterlichen Vasallenheere. Sie setzten nun auf die Schlagkraft der Landsknechte, wenn es galt, ihre Interessen mit Waffengewalt durchzusetzen.

Ritter werden arbeitslos

Immer mehr Ritter verloren als Konsequenz ihre Privilegien und zahlreiche Einnahmen. Was an Abgaben von ihren Bauern kam, reichte meistens für ein standesgemäßes Leben nicht mehr aus. Zusätzlich nahmen die Freien Reichsstädte an Bedeutung und Macht zu, sodass die gesellschaftlichen Karten neu gemischt wurden. Fortschritte in der zivilen Technik führten zu einem Aufblühen der Städte. Wagenzüge, die Luxuswaren wie Gewürze sogar bis aus Arabien quer durch die Lande lieferten, ließen dort eine neureiche Schicht von Kaufleuten entstehen. Die Ritter waren davon abgekoppelt. Die Reichsstädte unterstanden direkt dem Kaiser. Auf dem Höhepunkt waren es 83 an der Zahl. Freie Reichsstädte aber brauchten die Dienste von Rittern nicht, sie gaben keinen Rittern Unterhalt.

So verschoben sich die politische wie die wirtschaftliche Macht in Deutschland. Die revolutionären Gedanken eines Martin Luther gaben manchen Rittern Mut, sich gegen ihr Schicksal aufzulehnen. Einige spekulierten wohl sogar auf Güter des alten Klerus. In der Chronik der Jahre 1522/23 wird von einem Ritteraufstand berichtet. Nachdem all ihre Beschwerdebriefe an die Landtage verhallt waren, wählten 600 Ritter im August 1522 auf einer Versammlung in Landau den altgedienten Söldnerführer Franz von Sickingen zum Bundeshauptmann. Mit dem Einmarsch ins Erzbistum Trier begann der Konflikt, der später als »Ritterkrieg« oder »Pfaffenkrieg« in die Geschichte einging.

Pfaffenkrieg: Franz von Sickingen zieht gegen Trier

Sickingen und seine Männer hatten vor, das geistliche Kurfürstentum in ein weltliches Territorium zu verwandeln. Dabei hofften sie auf die Unterstützung der  protestantischen Kräfte im Reich. Aber die Truppe erhielt nur wenig neuen Zulauf. Hingegen hatte der Trierer Erzbischof Richard von Greiffenklau mit dem Pfalzgrafen Ludwig V. und Landgraf Philipp von Hessen mächtige Verbündete gefunden. Von Sickingen musste die Belagerung der Stadt Trier abbrechen. Die fürstlichen Söldnertruppen setzten den Rittern nach. Anfang Mai 1523 mussten die Aufständischen kapitulieren. Franz von Sickingen floh auf seine Burg Nanstein bei Landstuhl.

Doch wie die Ritter waren auch ihre Burgen ein Auslaufmodell. Gerade zwei Tage hielt Nanstein dem Artilleriebeschuss der fürstlichen Truppen stand, dann lag sie in Trümmern und Sickingen auf dem Sterbebett. Die Niederlage war der Todesstoß für das deutsche Rittertum. Zahlreiche Güter wurden von den fürstlichen Territorien »geschluckt«, und mancher Ritter fand sein Auskommen, indem er als Offizier bei den Landsknechten die Seite wechselte.

Bauernkrieg: Landsknechte gegen Landmänner

Nur ein Jahr nach Ende des »Pfaffenkriegs« erschütterte eine zweite Rebellion das Reich. Diesmal waren es die Bauern, die sich gegen die Zeit stemmten. Zwischen Schwaben und Thüringen rotteten sich die Bauern zusammen und forderten unter Berufung aufs Evangelium mehr Gerechtigkeit und Freiheit. Doch im Gegensatz zu ihren schweizerischen Standesgenossen fehlte den deutschen Bauern jedes Talent zur Kriegsführung: Sie waren undiszipliniert und nicht in der Lage, ihre erdrückende numerische Überlegenheit auszuspielen. Nach einigen Anfangserfolgen schlugen die Fürsten zurück. Die Schlachten des Bauernkriegs verdienen diesen Namen nicht: Es waren Massaker. Gnadenlos metzelten die Landsknechte die Bauern nieder, Gefangene wurden nur für Folter und Hinrichtung gemacht. Schätzungsweise 100.000 Bauern fielen den Schwertern und Hellebarden der Landsknechte zum Opfer.

Der Bauernkrieg und seine brutale Niederschlagung, die zur Verwüstung weiter Landstriche führten, ließ viele Fürsten erkennen: Der Einsatz von Landsknechten war als Strategie auf Dauer nicht sinnvoll.  Im Dreißigjährigen Krieg hatten die kriegführenden Herrscher ebenfalls schlechte Erfahrungen gemacht. Die Landsknechtstruppen waren schwer kontrollierbar und immer wieder kam es zu Desertionen. Effektiv war das nicht. Am Ende gab es andere Gründe, die zum Niedergang des Landsknechtswesens führten. Ein entscheidender Faktor war die allgemeine Geldentwertung – und damit des Soldes –, die den Knechten einen Kriegsdienst unattraktiv machte. Vor allem jedoch wurden die Landsknechte durch einen weiteren Schub in der Militärtechnik überrollt. Ihn begleiteten die Innovationen bei den Feuerwaffen.

Handwerker perfektionieren die Waffen der Landsknechte

Büchsenmacher überboten sich in ihrer Kunst. Andere erfindungsreiche Handwerker perfektionierten die Feldgeschütze. Glockengießer hatten das Know-how zur Fertigung von immer größeren Kanonen. Die brauchte man auch zum Einsatz gegen ständig stärkere Festungsanlagen. Die Fürsten benötigten unter solchen Umständen speziell geschulte Artilleristen und Musketiere für ihre Kriegsführung. Zunehmende Disziplin erforderte der Einsatz der Pikeniere – die mit der Pike, der Lanze, in den Kampf geschickt wurden. Das konnte mit den Landsknechten nicht funktionieren. Sie verschwanden zu Gunsten gut ausgebildeter »stehender Heere«. Diese Soldaten wurden nicht erst bei Bedarf rekrutiert, sondern waren stets einsatzbereit.

Historiker sehen in diesen Heeren ein Element des frühmodernen Staats. Der Nutzen für die Fürsten ging über die Kriegsführung hinaus. Auch in Friedenszeiten konnte dieser neue Militärapparat eine Rolle spielen: zur gesellschaftlichen Disziplinierung. Zur Wehrpflicht der Untertanen war es nur ein kurzer Schritt. Eine solche führte erstmals der Schwedenkönig Gustav II. Adolf im Ansatz ein. Nach der Französischen Revolution wurde das Prinzip in den meisten Ländern zur Grundlage staatlich-militärischer Organisation.

Klaus Hillingmeier, Wolfgang Mayer

 

 

Zuletzt geändert: 01.06.2015