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Nachleben einer Legende

Die Borgia in Film und Fernsehen

Den Borgia wurden Brudermord und Inzest angedichtet. „Sex and Crime“ genug also für das Medium Film, das sich nicht immer groß mit historischen Fakten aufhält.

 

Gleich zwei Borgia-Serien konkurrierten im Fernsehen (Symbolbild). | © istockphoto.com/RyanJLane

Gleich zwei Borgia-Serien konkurrierten im Fernsehen (Symbolbild). | © istockphoto.com/RyanJLane

 

Die erste bedeutende Verfilmung der Familiensaga entstand in Deutschland, im Jahr 1922. Den Mittelpunkt von Richard Oswalds „Lucrezia Borgia“ steht eigentlich Cesare, den der große Conrad Veidt als manischen Sadisten gibt, erfüllt von unbändiger Leidenschaft für seine Schwester. Um sich vor dem Wahnsinnigen zu schützen, rettet sich Lucrezia schließlich zu ihrem früheren Gatten Giovanni Sforza, der ihre Ehre in einem finalen Duell verteidigt, bei dem beide Männer umkommen. Das Inzest-Thema erwies sich in manchen Ländern als so heikel, dass dort Lucrezia mittels veränderter Zwischentitel kurzerhand zu Cesares Cousine wurde.

Ähnlich kolportagehaft präsentierte sich 1935 ein weiterer „Lucrezia Borgia“ betitelter Streifen von Filmpionier Abel Gance. Der Franzose hatte sich  bereits mit seinem Epos „Napoleon“ als Experte für Historienstoffe erwiesen und gezeigt, dass ihm keine Leinwand groß genug und keine Geste zu übertrieben war. Sein prunkvolles Fresko sorgte aber höchstens durch eine gewagte Orgienszene für Aufsehen.

Orson Welles spielt Cesare mit Vergnügen

In Hollywood wagte man sich erstmals 1949 an die berüchtigte Renaissance-Familie heran. Henry Kings „In der Gewalt des Borgia“ war eine aufwendiges Mantel-und-Degen-Abenteuer mit Genrestar Tyrone Power und konnte mit Orson Welles in der Titelrolle punkten, der den diabolischen Cesare mit sichtlichem Vergnügen spielt.

Erst als die Familie viele Jahre später von der Leinwand auf den Fernsehbildschirm wechselte, begann man, sich an den geschichtlichen Fakten zu orientieren. Auffallend war hierbei, dass nun die päpstlichen Ränkespiele deutlich in den Vordergrund des Geschehens traten. Den ersten Versuch, sich den Borgias in größerem Rahmen zu widmen, machte 1981 die BBC. Die Produktion konnte mit Adolfo Celi immerhin einen echten James-Bond-Schurken in der Rolle Alexanders vorweisen, ließ Zuschauer und Kritiker aber weitgehend kalt.

Die Borgia-Serien aus Europa und den USA

Ihre höchsteigene Renaissance erfuhr die Papstsippe schließlich im Jahr 2011, als gleich zwei aufwändig produzierte Serien entstanden. Eine europäische Co-Produktion, die schnell durch spekulative Sex- und Gewaltszenen auf sich aufmerksam machte, und eine US-Version mit Jeremy Irons als Alexander im Zuge der erfolgreichen „Tudors“-Serie. Inzest und vergifteter Wein durften natürlich auch hier nicht fehlen. Die längere Erzählzeit erlaubte es nun aber auch, die Borgias im politischen Kontext ihrer Zeit zu verorten, sodass sie endlich einmal mehr sein durften, als bloß die sprichwörtliche Brut des Antichristen.

 

Florian Prasser

 

Zuletzt geändert: 02.06.2015