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Hugenottenstadt Erlangen

Französischer Charme in Franken

Zu Tausenden verlassen die Hugenotten am Ende des 17. Jahrhunderts Frankreich. In Erlangen baut Markgraf Christian Ernst für die Glaubensflüchtlinge gleich eine ganz neue Stadt.

Ankunft der Hugenotten in Erlangen

Ankunft der ersten Hugenotten in Erlangen. | ©  Stadtmuseum Erlangen

 

Zahlreiche Plätze durchzogen von breiten, geraden Straßen und saubere, großzügig angelegte Häuserreihen. Einheit und Ordnung, Luft und Licht herrschen dort, wo sonst dunkle Gassen und krumme Winkel bestehen. Die Erlanger Neustadt nicht für die eingesessene Bevölkerung, sondern für die französischen Réfugiés, die Ende des 17. Jahrhunderts aus ihrer Heimat fliehen.

Der Markgraf gewährt den Hugenotten Privilegien

Die Situation will sich der Markgraf Christian Ernst von Brandenburg-Bayreuth zunutze machen und bietet den Flüchtlingen Zuflucht. Davon erhofft er sich nicht nur einen Aufschwung für seine finanziell fast ruinierte Markgrafschaft, sondern auch den zu erwartenden Ruhm als Gründer einer „Idealstadt“. Diese zu bauen beauftragt er den markgräflichen Oberbaumeister Johann M. Richter. Ein geeigneter Bauplatz ist mit dem freien Feld südlich des alten Erlangen gefunden. „Die Lage dieser Stadt ist äußerst angenehm“, schreibt 1699 der Pfarrer Esprit Tholozan. „…sie liegt nur drei Wegstunden von der berühmten Stadt Nürnberg entfernt und an einer für den Handel so vorteilhaften Stelle …“

Dabei sind es vor allem Unternehmer und Handwerker, die Christian Ernst für seine neue Stadt gewinnen will. Dafür bietet er den Hugenotten Privilegien, unter anderem Religionsfreiheit, Befreiung von Steuern oder auch Darlehen für die Gründung von Manufakturen. Die ersten fünf Kaufmannsfamilien treffen am 17. Mai 1686 in Erlangen ein.

Aufstieg zur Residenzstadt

Trotz diverser Krisen entwickelt sich die nach dem Markgraf benannte Neustadt Christian-Erlang immer weiter. Rund 200 Häuser sollen innerhalb weniger Jahre errichtet werden. Bereits Anfang September des Jahres 1687 sind „über etliche vierzig Häuser ausgebauet“, in denen neben markgräflichen Beamte, Soldaten, Bauarbeiter und Hugenotten wohnen.

In den folgenden elf Jahren werden jedoch nur noch etwa dreißig Gebäude fertiggestellt. Ein Grund ist der Krieg gegen Frankreich, an dem Christian Ernst bis 1697 teilnimmt und daher nur wenig Geld für sein Städteprojekt erübrigen kann. Erst nach dessen Ende wird die Bautätigkeit, durch den Aufstieg Erlangens zur Residenzstadt und den Zuzug von Hugenotten, wie auch Lutheranern und Deutsch-Reformierten wieder angekurbelt.

Französischer Charme in Erlangen

Die französische Kolonie schrumpft, während die Zahl der „Mischehen“ steigt. Auch der ständige Kontakt zwischen Alt-Erlangern und Hugenotten im Geschäftsleben trägt zu einer kulturellen Assimilation bei. Im Jahr 1822 wird schließlich der letzte französische Gottesdienst gehalten. Was den Erlangern bis heute bleibt, ist der französische Charme ihrer Neustadt. Die kleinen Cafés und Gassen, die großen Plätze und gerade Straßenzüge, eben eine „ideale Stadt“.

Tanja Albert

 

Zuletzt geändert: 28.05.2015