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Aufstand in der Vendée

Für Gott und König

Der Aufstand in der Vendée gilt als größte innere Bedrohung der noch jungen französischen Republik. Er kostete hunderttausenden Menschen das Leben und schürte die Angst vor einer Gegenrevolution.

Vendée

Gegenrevolution: ein Führer der loyalistischen Brigaden in der Vendée. | ©  National Library of France

 

Anfang 1793 brach der Aufstand in der Vendée los: Die Machthabenden in Paris, die Jakobiner, ließen König Ludwig den XVI. hinrichten und begannen katholische Priester zu verfolgen – für die vorwiegend katholisch-royalistische Bevölkerung  in der westfranzösischen Region war das Maß damit voll. Die Situation eskalierte, als im März die allgemeine Wehrpflicht eingeführt wurde und es zu Massenrekrutierungen kam: 300 000 Männer wurden eingezogen. Die Bauern verweigerten den Kriegsdienst und entschlossen sich zum Kampf. Sie vereinigten sich zu sieben Divisionen und nannten sich die „Katholische und Königliche Armee der Vendée“. Die Armeen waren nicht zentral gelenkt, hatten keine Kriegskasse, keine Artillerie und Kavallerie, keine organisierte Heeresstruktur.

Die Jakobiner befürchten eine Aufstand in ganz Frankreich

Die meisten regulären französischen Truppen kämpften im Krieg gegen die Koalitionsarmeen. Der Pariser Nationalkonvent schickte daher neben den  Einheiten des Küstenschutzes auch die Nationalgarde, die primär aus Freiwilligen bestand, in die Vendée. Die Aufständischen waren zu Beginn klar im Vorteil, da sie zahlenmäßig
überlegen waren und die Gegend genau kannten. Sie eroberten die Städte Cholet, Saumur und Angers, entwaffneten und töteten mehrere hundert Soldaten. Die Jakobiner in Paris befürchteten, dass sich der Aufstand auf ganz Frankreich ausbreiten könnte.

Sie schickten daher im September 1793 mehr regulare Truppen in die Vendee und einen ihrer besten Generale: Jean-Baptiste Kleber.  „Die Vendée muss ein nationaler Friedhof werden“. Diesen Befehl gab General Turreau, Chef der republikanischen Truppen, im Dezember 1793 seiner Armee mit auf den Weg. Kleber, ein erfahrener Soldat, ging mit großer Harte und Brutalitat gegen die Aufstandischen vor. Die Vendeer siegten im September noch auf einigen Kriegsschauplatzen, danach wandte sich das Blatt schnell zugunsten der Revolutionäre.

„Es gibt die Vendée nicht mehr“

Am 17. Oktober erlitten die Aufstandischen in der Schlacht bei Cholet eine große Niederlage. Von da an ging es Schlag auf Schlag: Bis Dezember konnten die republikanischen Truppen den Aufstand weitestgehend unterdrucken. Auch wenn noch vereinzelt Kampfe aufflammten – die Aufstandischen hatten den Burgerkrieg verloren. Die Jakobiner gaben sich jedoch mit dem militarischen Sieg nicht zufrieden: Am 6. Februar 1794 vereinbarten sie die „vollständige Zerstörung der Vendée und die Ausrottung der Bevölkerung“. Monatelang zogen die Hollenkolonnen, die „colonnes infernales“, durch die Vendée, zerstörten Dörfer und Städte, verbrannten Walder und Felder und töteten die Bevölkerung: Männer, Frauen und Kinder fielen der Rache zum Opfer. Es gab Erschießungen, öffentliche Hinrichtungen und Massenertränkungen. Auch an den Einsatz von Gas und Arsen sei offensichtlich gedacht worden. General Francois- Joseph Westermann, einer der Stabsoffiziere Klebers,  berichtete dem Konvent: „Es gibt die Vendée nicht mehr … unser freies Schwert hat sie getötet mit ihren Frauen und Kindern.“

Der Historiker Reynald Secher spricht von 117 000 Toten, manche Historiker gehen von höheren Zahlen aus. Lange wurde diese dunkle Seite der Französischen Revolution verschwiegen. Secher spricht von der „Auslöschung der Erinnerung“, um die Revolution vom „Blutfleck der Vendée reinzuwaschen.“
Nicht alle wollen, dass diese Tragödie in Vergessenheit gerät: Tausende Bücher, Bilder, die Vendée-Ausstellung in Paris und der Kinofilm „Vent de galerne“ (1989) thematisieren den Aufstand. In der Vendée wurde 1994 ein Forschungszentrum gegründet und in dem kleinen Ort Puy du Fou findet jährlich ein Historienspektakel statt, das die Vendéer-Geschichte nachzeichnet. Die Vendéer sorgen dafür, dass die Erinnerung lebt.

Ulrike Kiesel

 

Zuletzt geändert: 11.06.2015

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