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Gott zweiter Klasse?

Konstantins Konflikt mit den Arianern

Der Gotenbischof Wulfila war Arianer. Diese Glaubensrichtung geht auf einen Streit im Alexandria des 4. Jahrhunderts zurück: Sind Jesus und Gott gleich? Kaiser Konstantin passte dieser Streit überhaupt nicht. Ein Konzil sollte Klarheit bringen.

Er sorgte für Aufruhr in der frühen christlichen Kirche: Arius wurde wegen seiner kontroversen theologischen Ansichten oft als Ketzer bezeichnet. | © Rijksmuseum Amsterdam

Streitlustig müssen sie gewesen sein, die Christen des 3. und 4. Jahrhunderts. „Denn für schlimmer als jeder Krieg und jeder furchtbare Kampf gilt mir der innere Zwist der Kirchen Gottes“, klagt Eusebius, der Bischof von Cäsarea, verzweifelt. Und er hat recht: Die Christenheit ist zersplittert.

Zahlreiche Gruppen wie Donatisten, Arianer, Monophysiten raufen sich um die richtige Auslegung der christlichen Lehre, eine Deutungshoheit gibt es nicht, ein Oberhaupt wie den Papst schon gar nicht. Zu den wichtigsten Strömungen gehört der Arianismus, der vehement die Gleichheit und Gleichrangigkeit von Jesus Christus und Gott selbst bestreitet.

Der Streit begann mit einer Spitzfindigkeit

Wie so häufig beginnt dieser Streit harmlos, eine lokale Gelehrtenspitzfindigkeit im ägyptischen Alexandria. Arius, ein reicher Presbyter, legt sich um 318 mit Bischof Alexander an, indem er auf eine der – schon früher diskutierten – Schwachstellen der christlichen Doktrin zielte: das Verhältnis von Jesus und Gott. Christus gilt ihm nicht als gleichrangig, nicht unsterblich, und vollkommen, eher als eine Art „Gott zweiter Klasse“, den Gott als Kontaktmann zur Menschheit schuf. „Sollen sie doch darauf antworten, wie diese leidende und sterbliche Person eines Wesens mit Gott sein soll, der jenseits dieser Dinge ist: Leiden und Tod“, argumentiert Eudoxius von Antiochia.

Dieser Ansatz steht in hartem Gegensatz zur Dreifaltigkeitslehre (Trinitätslehre), die die absolute Wesensgleichheit von Jesus Christus, Gottvater und dem Heiligen Geist postuliert. Schnell wird aus dem Konflikt ein Flächenbrand im Osten des Römischen Reiches. Bischöfe exkommunizieren sich gegenseitig, es hagelt Verleumdungen und Gerichtsprozesse, Christen unterschiedlicher Couleur prügeln sich in Alexandrias Straßen.

Konstantin suchte eine schnelle Lösung

Kaiser Konstantin ermahnt Alexander und Arius in einem Brief, sich bezüglich dieser „Kontroverse von sinnloser Bedeutungslosigkeit“ zu einigen. Doch das genügt nicht. Konstantin will ein stabiles Reich und dabei soll ihm eine einheitliche christliche Lehre helfen. 325 ruft der Kaiser die Streitparteien im ersten ökumenischen Konzil in der Residenzstadt Nicäa zusammen, um eine Einigung zu erzwingen.

Mehr als 200 Bischöfe folgen dem Ruf und ratifizieren das erste Glaubensbekenntnis der alten Kirche. Wichtigster Bestandteil: Das griechische Wort „homoousios“ (wesensgleich, wesenseins), das das Verhältnis zwischen Christus und Gottvater klären soll. Angeblich hat es Konstantin selbst eingebracht, jedoch: Die Lösung ist es nicht.

Das Glaubensbekenntnis war kaiserlicher Befehl

Viele Bischöfe fügen sich zähneknirschend dieser eher trinitarischen Deutung, weil das Glaubensbekenntnis letztlich ein kaiserlicher Befehl ist, andere verstehen überhaupt nicht, was damit gemeint ist. Die Arianer werden verbannt, auf den Besitz ihrer Bücher steht von nun an die Todesstrafe. Arius geht 328 ins Exil. Doch er hat mächtige Freunde, darunter Kaiser Konstantins Hofbischof, Eusebius von Nikomedia.

Schon 335 gewinnen die Arianer wieder an Einfluss, der Kaiser lässt sich auf dem Sterbebett wahrscheinlich arianisch taufen. In den folgenden 50 Jahren schaffen es die Arianer, Posten am Kaiserhof und die wichtigsten Bischofssitze zu besetzen. Ihr Ziel: Die Beseitigung des Homoousios-Begriffs.

Der Niedergang des Arianismus

Doch der Einfluss der Arianer ist an den Kaiser gebunden. 379 schreibt der Kirchenvater Hieronymus zwar noch: „Die Welt erwachte mit einem Stöhnen und entdeckte, dass sie arianisch war“, doch da ist es mit dem Arianismus im Römischen Reich schon fast vorbei.

381 setzt Kaiser Theodosius die Trinititätslehre Trinititätslehre als die einzig gültige fest und verkündet: „Die Übrigen, wahnwitzig und geistesgestört wie sie sind, sollen die Schmach ihres häretischen Glaubens tragen. Ihre Versammlungsorte sollen nicht Kirchen heißen. Sie sollen vor allem die göttliche Strafe, dann aber auch die Strafe unserer Ungnade erleiden, die wir nach Gottes Willen ihnen erweisen wollen.“ Dieses Edikt wird nie wieder infrage gestellt.

Viele Goten hingen dem arianischen Glauben an

Doch natürlich verschwinden die Arianer nicht einfach so. Gerade im Weströmischen Reich bekehren sich viele germanische Stämme wie Goten, Burgunder, Langobarden und Vandalen zum arianischen Glauben. Zu den herausragenden Missionaren gehört der Gotenbischof Wulfila, der ab 341 entlang der unteren Donau den Arianismus predigte und eine gotische Bibel schrieb, die zum wichtigsten Liturgiebuch der arianischen Germanen wird.

Kirchengeschichtlich markiert erst die Taufe des Frankenkönigs Chlodwig um 500 den entscheidenden Wendepunkt für den Untergang des Arianismus. Dhlodwig, der mächtigste Herrscher im Westen, bekannte sich zum Glauben der römischen Kirche. Die anderen arianischen Reiche gingen im Laufe des 7. Jahrhunderts unter.

Der Arianismus beeinflusste auch den Islam

Zur größten neuen Macht im Abendland avancierte der Islam. Die Muslime adaptierten die Vorstellung von Jesus als dem Sohn und Abgesandten Gottes in den Koran. Dort heißt es: „Christus Jesus, der Sohn Marias, ist doch nur der Gesandte Gottes und sein Wort, das Er zu Maria hinüberbrachte, und ein Geist von ihm. So glaubt an Gott und seine Gesandten. Und sagt nicht: drei.“ Der arianische Einfluss ist also nie wirklich verstummt.

Saskia Kerschbaum

Der Artikel erschien erstmals in G/GESCHICHTE 12/2015 „Kaiser Konstantin der Große“

Zuletzt geändert: 14.06.2017