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Rätselhafte Wüstenzeichnungen

Die Nasca-Linien

Seit die Nasca-Linien in Peru gesichtet wurden, bieten sie Raum für Spekulationen. Sie zeigen geometrische Figuren, aber auch Bilder von Tieren und Menschen. Was bedeuten die Scharrbilder?

Nasca-Linien

Die Nasca-Linien, Scharrbilder in der Wüste von Peru, stellen Historiker vor Rätsel. | © istockphoto/jarnogz

 

Bei einem Flug über die westperuanische Küste lässt sich aus dem Flugzeug ein Phänomen beobachten, das älter ist als unsere westliche Zeitrechnung: Über dem Wüstenraum zwischen den beiden Städten Palpa und Nasca sind lange, tief in das Sediment eingravierte Linien von großem Format erkennbar. Aber was verbirgt sich dahinter? Die Linien, die die Hockultur der Nasca hinterließ, haben in der Archäologie schon so manche Deutung erfahren.

Nur aus großer Entfernung erkennbar

Die bis zu 20 Kilometer langen Konturen bilden weitgehend geometrische Konstrukte und Tierbilder ab, die sich auf einem Areal von ungefähr 500 Quadratkilometern erstrecken und wohl auch aufgrund dieser Dimension nur aus einer größeren Distanz vollständig zu erkennen sind. 1924 wurden die Nasca-Linien erstmals aus Flugzeugen beobachtet und erste Forschungserkenntnisse publiziert. Die deutsche Geografin Maria Reiche forschte seit 1941 über den Linien und konnte während ihrer Arbeiten fast 50  Figuren und 1000 Linien ermitteln. Heute gehen die Archäologen davon aus, dass die ersten Scharrbilder bereits um 800 v. Chr. während der Paracas-Kultur (Süden) und Chavin-Kultur (Zentralanden), den Vorläufern der Nasca-Kultur, angefertigt wurden und zusammen mit Artefakten Aussagen über Alter, kulturelle Entwicklung sowie die Ausprägung von Riten geben können.

Ähnliche Bilder auf Vasen

Was aber stellen die Artefakte dar? Abbildungen von Pflanzen beschreiben die geografischen Besonderheiten der Region: Landwirtschaft und unterirdische Bewässerungskanäle (Puquios) sollen für Ernährungssicherung und Fruchtbarkeit stehen. Vasen und Becher aus Keramik – ein Kennzeichen für den Übergang von der Paracas- zur Nasca-Kultu – bilden auch Vögel ab. Der Kolibri steht mit seinem bunten Gefieder für Fruchtblüte und Vegetation. Mäuse und Frösche werden mit Plagen verbunden, da diese die Ernten bedrohen. Der Vergleich von solchen Vasenmalereien lässt vermuten, dass durch die Tierbilder und Linien eine agrarische Entwicklung beschrieben wird.

Ein Werk von Außerirdischen?

Wenn die Ausgrabungen Auskunft über einen spezifischen kulturellen Zeitabschnitt geben können, ließe sich dieser Zusammenhang auch auf die Scharrbilder übertragen. Aufbauend auf diesem Gedanken reihte sich mit den beginnenden Forschungsarbeiten ein Deutungsversuch an den nächsten. Toribio Xesspe sah 1927 in den Nasca-Linien Straßen, die die Zeremonien der Einwohner wiedergeben können. Paul Kosok und Maria Reiche deuteten die Abfolge der Linien als Kalender basierend auf astronomischen Beobachtungen der Indigenen. Helmut Tributsch bezog sich auf Luftspiegelungen (Fata Morgana), die durch die unterirdischen Kanäle Wasser fließen lassen sollten, um dem Land Fruchtbarkeit zu bringen. Für mehr Spekulationen sorgte unter anderem Erich von Däniken mit der Vermutung, die Nasca-Linien könnten gar nicht von den Bewohnern des Tals geschaffen worden sein – sie seien vielmehr das Werk von Außerirdischen, die die Linien als Landebahnen für ihre Raumschiffe markiert hätten.

Bis zu 2800 Jahre alt

Weitaus verlässlichere Aussagen liefern die neueren Erkenntnisse: Inzwischen wurden 689 Scharrbilder untersucht und klassifiziert (Stand 2005), 138 zusätzliche Linien konnten 2011 von japanischen Wissenschaftlern identifiziert werden. Die Nasca-Kultur hinterlässt eine Fläche mit gescharrten Linien und Bildern, die bis zu 2800 Jahren alt sein können. Bis heute stehen wahrscheinliche und fragwürdigere Deutungsversuche nebeneinander. Der kulturelle Schatz des Nasca-Erbes liegt noch tiefer unter dem Sand verborgen: Artefakte wie Vasen beschreiben kulturspezifische Zeremonien und Riten, Ausgrabungen zeigen anhand von Steingebäuden oder unterirdischen Kanälen, wie sich die Bewohner des Tals organisierten, und zahlreiche gefundene Musikinstrumente wie Panflöten, Kerbflöten aus Knochen oder Keramiktrommeln beweisen, dass die Nasca-Kultur vielleicht auch noch weiterlebt.

Robert Bräutigam

 

 

 

 

Zuletzt geändert: 02.06.2015

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