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Blutige Hügel

Der Koreakrieg von 1950-1953

Der Koreakrieg kannte nur Verlierer: Ein zerrissenes Korea, eine desillusionierte USA und ein China, das einen brutalen Blutzoll entrichtet hatte.

Korean War Memorial Washington

Koreakrieg-Denkmal in Washington DC | © istockphoto.com/camrocker

„Die südkoreanische Marionetten-Clique hat alle Vorschläge einer friedlichen Vereinigung mit der Demokratischen Volksrepublik Korea abgelehnt und zudem immer wieder die Grenze am 38. Breitengrad verletzt. Die Demokratische Volksrepublik hat deshalb einen Gegenangriff angeordnet, um die Invasionstruppen zurückzuschlagen.“ Als am 25. Juni 1950 gegen 9.30 Uhr Nordkoreas starker Mann Kim Il-Sung seine Radioansprache hält, haben seine Truppen schon vor Stunden die Grenze zu Südkorea überschritten.

Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges war Korea eine Kolonie Japans. Danach wurde das Land in zwei Besatzungszonen geteilt, der Norden kam unter sowjetische Kontrolle, der Süden war Interessensphäre der USA. Die Wahlen des Jahres 1948 zementierten die Spaltung Koreas. Mithilfe der Sowjetunion entstand in Nordkorea ein kommunistischer Einparteienstaat mit Kim Il-Sung an der Spitze. Die Presse wurde gleichgeschaltet, Banken, Industrie und Grundbesitz verstaatlicht. In Südkorea regiert der autoritäre Präsident Rhee Syng-Man, der sich neben den Amerikanern auch auf die alten Machteliten im Lande stützte, von denen viele schon mit den Japanern kollaboriert hatten. Während seine Armee nur bedingt einsatzfähig ist, hat Nordkorea mithilfe Stalins massiv aufgerüstet. Als Kim Il-Sung angreift, stehen 135 000 Mann unter Waffen, unterstützt durch eine effiziente Panzertruppe und Luftwaffe.

Weder Südkorea noch die USA rechneten mit einem Angriff

Weder die Armee Südkoreas noch die US-Streitkräfte im Land sind auf den Angriff vorbereitet. Bereits am 29. Juli ist Seoul in den Händen der Kommunisten. Nichts scheint ihren Vormarsch stoppen zu können. Anfang August hält sich nur noch der Brückenkopf um die Hafenstadt Pusan. Doch der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen entscheidet sich für einen Gegenangriff. 13 Nationen entsenden Kampftruppen nach Korea. Die überwiegende Mehrheit stellen die USA, gefolgt von Großbritannien und der Türkei. Aber auch Länder wie Äthiopien oder Indien entsenden Kontingente.

Das Kommando über die UN -Truppen erhält General Douglas McArthur, der schon im Zweiten Weltkrieg der Oberkommandierende der Alliierten Streitkräfte im Pazifik war. McArthur ist alles andere als ein unkomplizierter Charakter und neigt zur Selbstinszenierung, aber er beherrscht sein militärisches Handwerk. Statt das bedrängte Pusan zu verstärken, plant er eine groß angelegte amphibische Landung in der Hafenstadt Inchon, westlich von Seoul. In nur wenigen Wochen arbeitet sein Stab die Pläne zur Operation „Chromite“ aus. Am 5. September 1950 bricht McArthurs Flotte von 260 Schiffen im Hafen von Yokohama auf, an Bord 70 000 Mann. Zehn Tage später stürmen die US-Marines die Küste von Inchon.

Südkorea feierte McArthur als Retter

Im Vergleich zu den mörderischen Landungen auf Iwojima oder Okinawa im Zweiten Weltkrieg gleicht Inchon einem Manöver. Die UN-Truppen stoßen auf keinen nennenswerten Widerstand. Bereits am nächsten Tag können McArthurs Männer mit dem Vormarsch auf Seoul beginnen, während gleichzeitig die UN-Truppen aus dem Brückenkopf von Pusan ausbrechen. Die Truppen Nordkoreas müssen sich zurückziehen.

Am 29. September feiern die UN-Truppen ihren Sieg in Seoul. McArthurs Ansprache ist pathetisch: „Mit der Hilfe der göttlichen Vorsehung haben unsere Truppen, die unter dem Banner der größten Hoffnung und Inspiration der Menschheit, der Vereinten Nationen, kämpfen diese alte Hauptstadt Koreas befreit.“ Rhee antwortet: „Wir lieben Sie als den Retter unseres Volkes.“

Doch McArthur und Rhee wollen mehr als die Befreiung Südkoreas und die Wiederherstellung des Vorkriegsstatus’ – sie möchten den Feind im Norden vernichtend schlagen. Am 7. Oktober überschreiten McArthurs Truppen den 38. Breitengrad. Als ihn Präsident Truman am 15. Oktober später zu einer Besprechung auf die Pazifikinsel Wake zitiert, versichert ihm der General, dass der Sieg zum Greifen nahe sei und keinerlei Gefahr von China ausgehe.

China fegte die UN-Truppen regelrecht aus Nordkorea

Doch bereits an dem Tag, als die UN-Truppen nordkoreanisches Territorium betraten, hatte Mao Zedong den Einsatz einer „Freiwilligen Armee“ beschlossen, um den „Angriff der US-Imperialisten“ zurückzuschlagen. Ohne dass es die westliche Aufklärung bemerkt, bereiten die Chinesen eine Großoffensive mit 130 000 Mann vor. Obgleich wesentlich schlechter ausgerüstet als ihr Gegner, fegen sie die UN-Truppen geradezu aus Nordkorea.

Am 4. Januar 1941 ist Seoul zum zweiten Mal in kommunistischer Hand. Später wird sich ein britischer Panzeroffizier erinnern: „Der Rückzug wird mir wegen drei Dingen im Gedächnis bleiben: Eiseskälte, Staub und Enttäuschung.“ In dieser für die UN-Truppen so desolaten Situation soll McArthur eine Liste mit 34 nuklearen Zielen in Nordkorea und China vorgelegt haben – was er zeitlebens verneinen wird. Hingegen wird Truman 1960 über McArthur sagen: „Ja, er wollte China und das östliche Russland und alles andere mit Atombomben belegen.“

McArthur wollte Atombomben werfen

Tatsache aber ist, dass McArthur auf jeden Fall konventionelle Angriffe auf die Nachschublinien und Industriegebiete im chinesische Hinterland forderte und damit bereit war, eine Eskalation des Koreakrieges in Kauf zu nehmen. Anfang April kabelt der amerikanische Außenminister an den britischen Botschafter in Washington: „Unser Hauptproblem ist McArthur. Seine Strategie unterscheidet sich von jener der Vereinten Nationen. Er scheint einen Krieg mit China zu wollen. Wir nicht.“

Am 11. April 1951 entbindet Truman General McArthur seines Kommandos. Seinem Nachfolger General Matthew Ridgway, Veteran der Invasion in der Normandie, gelingt es, die angeschlagene Moral der UN-Truppen wieder aufzubauen und die Frühjahrsoffensive der Chinesen mit 700 000 Mann zurückzuschlagen. Im Sommer 1951 frisst sich die Front einige Kilometer nördlich von Seoul fest – am Boden herrscht ein tödlicher Patt. Den Luftraum über Korea aber dominieren die Piloten der US-Airforce und die Flieger der Trägerverbände. Über 720 000 Einsätze werden gegen die Nordkoreaner und ihre chinesischen Verbündeten geflogen und es wird mehr Napalm eingesetzt als später im Vietnamkrieg. Dabei werden nicht nur militärische Ziele getroffen, sondern auch Industrieanlagen, Wohngebiete und andere zivile Einrichtungen. Es liegen für Nordkorea keine exakten Zahlen vor, doch seriöse Schätzungen gehen davon aus, dass über zwei Millionen Menschen bei den Luftangriffen ihr Leben verloren.

Massenhinrichtungen auf beiden Seiten

Aber nicht nur im Bombenkrieg sterben Zivilisten. Als die Nordkoreaner Seoul erobern, exekutieren sie im National University Hospital 700 Menschen, und systematisch machen ihre Kommandos Jagd auf politische Gegner. Massenexekutionen vollstreckt aber auch die Rhee-Regierung. Die brutalste ist das Massaker von Sinchon im Oktober 1950 durch südkoreanische Einheiten mit vermutlich 30 000 bis 35 000 Todesopfern. Bis heute ist die Frage einer Mitwisserschaft oder sogar direkten Beteiligung der US-Streitkräfte nicht eindeutig geklärt.

Hoffnung auf Frieden kommt mit dem Beginn der Waffenstillstandsverhandlungen am 10. Juli 1951 auf. Doch weder Rhee noch Kim Il-Sung oder Mao wollen ernsthaft den Krieg beenden und so verkommen die Verhandlungen zu einem hohlen Ritual. Nun beginnt ein Zermürbungskrieg mit kleinen Siegen und großen Verlusten. Die UN-Truppen und ihre kommunistischen Gegner haben sich eingegraben. Als der britische Feldmarschall Alexander, Veteran des Ersten Weltkriegs, Korea besucht, fühlt er sich an seine Zeit in Flandern erinnert. Die meisten UN -Einheiten dienten zwei bis drei Monate an der Front. Aus Angst vor den überraschenden Nachtangriffen der Chinesen schlafen die Männer meist in ihren Stiefeln und selbst im Winter auf ihren Schlafsäcken. In einem britischen Dossier liest man folgende Evaluation des Gegners: „Der chinesische Infanterist ist ein exzellenter Nachtkämpfer, äußerst mutig und von hoher Kampfmoral. Seine Grenzen sind ihm durch seine mangelhafte Ausrüstung und schlechte Kommunikation gesetzt.“

Die Chinesen verlagerten ihre Angriffe auf die Nacht

Dass die Chinesen ihre Angriffe in die Dunkelheit verlegen, hat einen guten Grund: Nachts können die UN-Verbände ihre Luftüberlegenheit nicht ausspielen. Tagsüber lebten die Chinesen zumeist wie Höhlenmenschen in einem System unterirdischer Gänge. Die Brutalität dieses Stellungskrieges spiegelt sich schon im Namen vieler Gefechte wider: Bloody Ridge, Heartbreak Ridge oder Pork Chop Hill.

Die Schlacht von Pork Chop Hill wird das letzte große Gefecht im Koreakrieg sein. Der Hügel ist ein kleiner Vorposten der US -Infanterie ohne nennenswerte strategische Bedeutung. Trotzdem greifen am 16. April 1953 die Chinesen an. Es gelingt ihnen, weite Teile von Pork Chop Hill einzunehmen, doch der kommandierende General Arthur Trudeau will den Hügel um jeden Preis halten, da zu diesem Zeitpunkt die Waffenstillstandsverhandlungen in ihre entscheidende Phase treten und die Amerikaner um ihr Prestige fürchten. Mit massivem Einsatz von Verstärkung und Luftunterstützung schlägt General Trudeau die Chinesen zurück und lässt die Stellungen ausbauen. Am 6. Juli greifen die Chinesen erneut an. Immer wieder kommt es in den Gräben zu erbitterten Nahkämpfen Mann gegen Mann, bis sich schließlich die US-Truppen am 11. Juli zurückziehen müssen.

Als Stalin starb, verlor Mao seinen wichtigsten Verbündeten

258 US-Amerikaner und mehr als 1500 Chinesen bezahlen für diesen Hügel mit ihren Leben. Während um Pork Chop Hill noch erbittert gekämpft wird, kommen die Waffenstillstandsverhandlungen endlich in Bewegung. Dwight D. Eisenhower, seit Januar 1953 Präsident der USA, wollte den Krieg beenden und erhöhte den Druck auf Präsident Rhee. Auf der anderen Seite verlor Mao durch den Tod Stalins am 5. März 1953 seinen wichtigsten Verbündeten. Chruschtschow, der neue Mann im Kreml, sucht einen Ausgleich. Nach 575 Sitzungen wird am 27. Juli 1953 endlich ein Waffenstillstand unterzeichnet.

Der Koreakrieg veränderte die globale Strategie der USA

Korea bleibt ein zerrissenes Land, geteilt durch den 250 Kilometer langen Streifen der Demilitarisierten Zone. Der Süden blieb unter westlichem Einfluss, während im Norden Kim Il-Sung weiterhin als selbstherrlicher Alleinherrscher regierte. Der Koreakrieg veränderte die globale Strategie der US-Regierung. Während man vorher primär Europa als das Schlachtfeld gegen den Kommunismus ansah, rückte nun Asien ins Bewusstsein des Pentagons. In Indochina erhielten die Franzosen seit 1950 massive Materialunterstützung in ihrem Kampf gegen Ho Chi Minh. Als nach der französischen Niederlage von Dien Bien Phu 1954 Vietnam wie Korea in zwei Länder geteilt wird, unterstützen die Amerikaner Südvietnam als vermeintliches Bollwerk gegen den Kommunismus. Der Schatten eines neuen Krieges liegt über Asien.

Klaus Hillingmeier 

Der Artikel erschien erstmals in G/GESCHICHTE 9/2015 „Der Kalte Krieg“

Zuletzt geändert: 15.2.2018