« zurück
Die Silberminen von Potosí

Der Berg, der Menschen frisst

Die spanischen Konquistadoren suchten in Südamerika das sagenhafte Goldland El Dorado. Stattdessen fanden sie einen anderen Schatz: die Silberminen von Potosí. Der Preis für das Silber waren die Leben der Einheimischen.

Cerro Rico und Potosi, Bolivien

Die Siedlung Potosí in den Anden im heutigen Bolivien bei Sonnenuntergang. Im Hintergrund der Cerro Rico („Reicher Berg“) | © istockphoto.com/Colombia

Mündlichen Überlieferungen nach war es ein Indio namens Huallpa, der im Jahr 1545 bei der Suche nach entlaufenen Lamas auf eine Silberader stößt und den Spaniern davon berichtet. Unter deren Herrschaft avanciert die anfangs kleine Bergbausiedlung am Fuße des Cerro Rico bald zu einer blühenden Stadt, steigt sogar zur Reichsstadt, einer „Villa Imperial“, auf. Kaiser Karl V. widmet dem städtischen Wappen die Inschrift: „Ich bin das reiche Potosí, Schatzkammer der Welt, König der Berge, den Königen diene ich zum Neide“.

Karl V. bei den Fuggern

Karl V. war notorisch knapp bei Kasse und hoffte auf Geld aus Potosí in den Anden. Hier verbrennen die Fugger, die seine Wahl zum Kaiser finanzierten, seine Schuldscheine. Darstellung aus dem 19. Jahrhundert | © istockphoto.com/jpa1999

Die Minenarbeiter waren giftigem Quecksilber ausgesetzt

Um die Fördermenge des kostbaren Metalls zu steigern, führt Vizekönig Francisco de Toledo das Amalgamverfahren ein. Sehr zum Leid der Minenarbeiter: Nicht nur, dass sie Tag und Nacht in den engen und ungesicherten Gängen arbeiten müssen, jetzt atmen sie auch die giftigen Quecksilberdämpfe ein. Schon bald erkranken zahlreiche Arbeiter an der Lunge, Zehntausende sterben. Die Gier der Spanier nach dem Edelmetall ist unersättlich; stetig verlassen Tonnen von Silber den Berg in Richtung Spanien. Doch schon bald zeigte sich, dass der unerwartete Reichtum trügerischer Natur ist.

Selbst Potosí bewahrte Spanien nicht vor dem Bankrott

Es kommt zu einer massiven Entwertung von Gold und Silber, und damit zur ersten schweren Inflation in der Neuzeit. Die stetig steigenden Preise stellen auch die Spanische Krone vor Probleme. Anstatt das Geld für die Stärkung der Wirtschaft einzusetzen, fließt das Silber zuhauf in Kriege und Luxusgüter. Unter der Herrschaft König Philipps II. kommt es in Spanien gleich viermal zu einem Staatsbankrott. Den Niedergang des spanischen Weltreichs kann selbst der schier unerschöpfliche Reichtum Potosís nicht aufhalten. Er hat vielmehr dazu einen schwerwiegenden Beitrag geleistet.

 

Tanja Albert

Der Artikel erschien erstmals in G/GESCHICHTE 10/2013 „Die Inka“

Zuletzt geändert: 19.01.2017