G/GESCHICHTE Porträt
Die Donau – 10 Länder, 1000 Geschichten
Liebe Leserin, lieber Leser,
betrachtet man eine Karte der Donau, scheinen alle Fragen beantwortet zu sein: Der Fluss entspringt im Schwarzwald, passiert zehn Länder, strömt ostwärts durch die vier Hauptstädte Wien, Bratislava, Budapest und Belgrad, ehe er sich in einem riesigen, sumpfigen Delta ins Schwarze Meer ergießt. 2783 Kilometer ist die Donau lang, gemessen vom Zusammenfluss von Breg und Brigach – aber von der Quelle? Von welcher überhaupt? Da beginnen existenzielle Fragen, die – man glaubt es kaum – erst jüngst salomonisch entschieden wurden, wie unsere Autorin Isabella Huber im Heft ab Seite 20 berichtet.
Überhaupt ist das Abenteuer der Donau-Erkundung staunenswert. Während Amerika längst von Europäern besiedelt und selbst Australien schon gesichtet worden war, galten große Regionen entlang der mittleren und unteren Donau bis zum Ende des 17. Jahrhunderts als Terra incognita. Das änderten erst die so geduldigen wie präzisen Vermessungen des wagemutigen italienischen Offiziers Luigi Ferdinando Marsigli, wie Sie im Porträt über den Begründer der Donau-Forschung im Heft ab Seite 6 lesen können.
Dabei hat der Fluss früh Menschen angezogen. In der Steinzeit entstanden Zeugnisse erster Kulturen, später errichteten Griechen an der Mündung ihre Kolonien, die Römer nutzten den Strom als Grenze, ehe Kaufleute ihn als Handelsroute entdeckten und deutsche Auswanderer als günstigen Reiseweg in eine neue, vielversprechende Heimat auf dem Balkan. Trotz aller Zähmung ist der Fluss bis heute eines geblieben: unberechenbar. Oder wie man mit Ehrfurcht und Respekt mancherorts sagt: Die Donau gibt, die Donau nimmt.
Ihr
Dirk Liesemer
Redakteur
Themen dieser Ausgabe
Graf Marsiglis geniale Karte
In den 1680er-Jahren vermisst der draufgängerische Italiener Luigi Ferdinando Marsigli den noch kaum bekannten Fluss
„Gegen den Strom“
BBC-Reporter Nick Thorpe über seine Reisen von der Mündung zur Quelle und zu vergessenen Orten
Die wahren Ursprünge
Wo denn nun die Quelle liegt, ist eine mehr als heikle Frage
Kastelle am nassen Limes
Die Römer gründen entlang der Donau erste Städte wie Regensburg, Linz und Carnuntum
Ein bayerisches Monument
Inmitten grandioser Natur baut Ludwig I. eine riesige Siegeshalle
Stadt an drei Flüssen
Passau leidet unter Hochwassern und profitiert vom Salzhandel
Mehr als leibeigene Bauern
Seit dem Mittelalter pflanzen die Wachauer begehrten Wein an
Die Donaumonarchie
„Sisi“ reist 1854 per Schiff zur Hochzeit in die Kaiserstadt Wien, wo sie Glanz und Elend erwarten
Bollwerke gegen die Fluten
Die Donau tritt oft über die Ufer, aber Wien wehrt sich erst spät
Plötzlich Königsstadt
Als der Sultan Ungarn erobert, steigt Bratislava auf
Ungarn-Aufstand 1848
Reform oder Revolution? In Budapest ringen zwei künftige Nationalhelden um den Weg
Elegantes Meisterwerk
Seit 1849 macht die Kettenbrücke Buda und Pest zu einer Metropole
Schlacht um Vukovar
Rasch soll die Stadt im Sommer 1991 besetzt werden, doch sie verteidigt sich wochenlang
Die Reise der Donauschwaben
Ab 1711 suchen hunderttausende Süddeutsche an der mittleren Donau eine neue, bessere Heimat
Angriff um Mitternacht
1717 attackiert Prinz Eugen das osmanische Belgrad und verdrängt die Besatzer vom Balkan
Deportationen ins Banat
Maria Theresia verstößt ab 1744 tausende Menschen in östliche Regionen
Rätselhafte Balkankulturen
In der Steinzeit schaffen Zivilisationen entlang der unteren Donau erstaunliche Kunstwerke
Antike Städte am Delta
An der Mündung leben einst Griechen und verbannte Römer
Die Schlangeninsel
Wo Achill seinen Frieden fand und heute wieder gekämpft wird
Fundstücke
Von der Donauwelle bis zum Friedhof der Vergessenen