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Bedrohte Freiheit

Die Furcht geht um von Vilnius bis Tallinn. Greift Russland jetzt nach dem Baltikum? Es wäre nicht das erste Mal, wie ein Blick in die Geschichte zeigt. Hier ein Auszug aus unserem aktuellen Heft.

von Franz Metzger

Von links: Ansichten von Tallinn (Estland), Riga (Lettland) und der Burg Trakai bei Vilnius (Litauen). Fotos: Getty/Aum Studio, Getty/RinaSen, Getty/Tompikukac

„NATO verstärkt Truppen im Baltikum, Litauen fordert Waffenlieferung“ – „Lettische Nationalgarde vergrößert“ – „Großbritannien stockt NATO-Truppen in Estland auf“. Solche Schlagzeilen begleiten den russischen Überfall auf die Ukraine. Sie belegen, wie sehr die drei baltischen Republiken um ihre Unabhängigkeit fürchten. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein übermächtiger Nachbar das Selbstbestimmungsrecht von Esten, Letten und Litauern mit Panzern überrollt.

Karte: Agentur2

Die drei Nationen im Osten Europas haben zunächst nur eines gemein – sie sind Anrainer der Ostsee, des Mare Balticum. In der ethnischen Zusammensetzung wie in der historischen Erfahrung sind sie höchst unterschiedlich und würden einander, wenn sie in den Nationalsprachen kommunizierten, nur schwer oder gar nicht verstehen. Die Esten sind ein Volk der finno-ugrischen Sprachfamilie der Uralier. Mit den Finnen am anderen Ufer des Meerbusens gibt es kaum Sprachprobleme, wohl aber mit Letten und Litauern. Diese Balten gehören zur indoeuropäischen Sprachfamilie. Stämme bleiben das grundlegende Organisationsprinzip für die Gemeinschaften von Fischern und Bauern an der Ostseeküste, die bescheidenen Handel übers Meer und ins Landesinnere treiben.

Im Hochmittelalter verbindet eine weitere Gemeinsamkeit die drei Völkerschaften: Sie sind die letzten Bastionen des „Heidentums“ in Europa. In einer Epoche, in der Kreuzfahrer Glaubenskriege im Heiligen Land führen, kann aber ein solcher Anachronismus im Abendland nicht mehr geduldet werden. Erste Bekehrungsversuche deutscher und dänischer Missionare sind wenig erfolgreich. Systematischer geht um 1200 der zum Bischof des neugegründeten Bistums Riga berufene Albert von Buxhofen vor: Er setzt auf das Waffenargument des für eben diesen Zweck gegründeten Schwertbrüder-Ordens. Bischof und Ordensrittern gelingt es in kurzer Zeit, große Teile Estlands und Lettlands zu „bekehren“. Die besiegten Stämme bleiben Bauern und Fischer, jetzt abhängig von fremden Grundherren, die aus dem Reich, aber auch aus Schweden und Dänemark zuwandern.

 

Den vollständigen Artikel lesen Sie in der aktuellen G/GESCHICHTE-Ausgabe 7/2022 „Weiße Sklaven“. Weitere Infos zur Ausgabe hier, bestellbar hier.