Filmkritik zu „Petra Kelly – Act Now!“ von G/GESCHICHTE-Mitarbeiterin Andrea Schmidt-Forth, die Petra Kelly kurz vor deren Tod traf.
Warum gerade jetzt ein Film über Petra Kelly, über die nach ihrem Tod durch eine Pistolenkugel 1992 so viel geschrieben wurde? Immer wieder wurde von Doppelselbstmord spekuliert: Die 44-jährige Politikerin und ihr 69-jähriger Lebensgefährte Gert Bastian seien schwer krank gewesen und hätten keinen Ausweg mehr gesehen. Mit dieser Version vom ausgebrannten Polit-Paar will Regisseurin Doris Metz in ihrem neuen Kino-Dokumentarfilm „Petra Kelly — Act Now!“ aufräumen. Für sie war es Mord durch den Ex-Bundeswehrgeneral Gert Bastian.
Nierenerkrankung statt Burnout
Damals hatte Kelly das Angebot, wieder nach Brüssel zu gehen. Ihre Augenringe, oft als Hinweis auf einen Burnout interpretiert, waren Folge einer langjährigen Nierenerkrankung. Da hatte auch ich mich getäuscht, als ich Kelly wenige Monate vor ihrem Tod in München interviewte. Sie und Gert Bastian kamen damals Stunden später als verabredet, weil Kelly vorher noch ihre Oma besuchen wollte, zu der sie zeitlebens eine enge Verbindung hatte. Die Familie und ihre Spiritualität waren Kellys Kraftquellen, wie es der Dokumentarfilm schön zeigt. Bei unserem Termin erzählte Kelly viel – und in ungeheurem Tempo, als ob ihr die Zeit für das, was sie mitteilen wollte, davonrennen könnte, während Bastian schweigend neben ihr auf dem Sofa saß. Er, der ihr Engagement und ihr Leben viele Jahre teilte.
Jahrelang bedroht und verfolgt
Ina Fuchs, einst seine Büroleiterin und eine enge Vertraute des Paars, berichtet im Film davon. Die Filmerin spürte sie in Israel auf. Fünf Jahre hat Doris Metz in Archiven geschürft, sichtete Filmmaterial – auch privates von Kelly –, sprach mit Freunden und politischen Mitstreitern. Sie lässt Kellys Halbbruder John schildern, wie prägend ihre Sozialisation in den USA war, wo Kelly studiert und sich im Wahlkampf für Robert Kennedy engagiert hatte, den später ermordeten Kandidaten der Demokraten. Ebenfalls wenig bekannt ist, dass Petra Kelly jahrelang von Rechtsextremen massiv bedroht und verfolgt wurde.
Doris Metz spannt damit einen Bogen von gestern zu heute. Ihr ist ein dichtes Porträt einer radikal lebenden Weltbürgerin gelungen, die glaubte, dass man als einzelner Mensch die Welt verändern kann. Dafür wurde Metz auf dem Filmfest München mit dem One-Future-Preis ausgezeichnet.
Bildersturm Filmproduktion, Buch/Regie: Doris Metz,
105 Minuten, Kinostart: 12. September 2024
Filmtrailer: