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Neue Zahlen

Lynchjustiz in den USA

In dem Zeitraum zwischen 1877 und 1950 wurden in den USA mehr Schwarze Opfer von Lynchjustiz als bisher angenommen. Das hat die Nonprofit-Organisation „Equal Justice Initiative“ (EJI) kürzlich herausgefunden.

Frank Littles Grab

Nicht nur Schwarze wurden Opfer von Lynchjustiz in den USA: Grabstein vom Arbeiterführer Frank Little in Butte, Montana | © istockphoto.com/GloveTech

Mindestens 700 mehr Fälle von Lynchjustiz, als bisher dokumentiert sind, soll es laut EJI in den Südstaaten in diesem Zeitraum gegeben haben. Die Autoren der Untersuchung, die fast fünf Jahre andauerte und jetzt unter dem Titel „Lynching in America: Confronting the Legacy of Racial Terror“ veröffentlicht wurde, kommen auf insgesamt 3.959 Opfer von Lynchjustiz. Dabei stützen sie sich auf bereits vorhandene Daten, Archivmaterial, Gerichtsdokumente, historische Zeitungen und Interviews mit Angehörigen von Opfern. Dabei habe es in Georgia und Mississippi die meisten Lynchmorde in absoluten Zahlen gegeben, während in Florida, Mississippi, Arkansas und Louisiana der Anteil der Gelynchten unter Berücksichtigung der Bevölkerungszahlen von Schwarzen und Weißen am höchsten gewesen sei. Dabei sei zwischen 1877 und 1950 kein einziger weißer Täter für Lynchmord an einem Schwarzen verurteilt worden.

Denkmäler für Opfer von Lynchjustiz gefordert

Die EJI fordert, in den Gemeinden, in denen die Lynchmorde stattfanden, Denkmäler, Gedenksteine- oder stätten einzurichten, die an die Opfer erinnern. „Wir wollen das Aussehen der Landschaft in diesem Land verändern, sodass Menschen, die in diese Gemeinden kommen oder in ihnen leben, sich an diese Geschichte erinnern“, erklärt Bryan Stevenson, Direktor der EJI. Weiter sagte er: „Wir glauben nicht, dass man diese Orte besuchen können sollte, ohne sich mit ihrer Geschichte auseinanderzusetzen.“ Stevenson ist überzeugt, dass diese Geschehnisse sich noch heute auf das Verhältnis von Schwarzen und Weißen in den USA auswirken, unter anderem auch auf die aktuelle Debatte über ungerechtfertigte Polizeigewalt gegen Afro-Amerikaner und die Unruhen in Ferguson.

Der Untersuchungsbericht argumentiert außerdem, dass die Gräueltaten, die in dieser Zeit an den Schwarzen verübt wurden, einer Form von Terrorismus gleichkämen und dazu benutzt worden seien, um die Rassentrennung und die Unterdrückung der Afro-Amerikaner zu fördern. Manchmal sei die gesamte weiße Gemeinde Zeuge der Lynchmorde gewesen. Als Gründe, um gelyncht zu werden, hätten schon kleine Verstöße gegen die Vorstellungen der Rassentrennung ausgereicht – etwa, wenn ein Schwarzer einen Weißen angerempelt oder auf eine unerwünschte Weise angeredet hätte. Auch die Forderung nach Einhaltung der Menschenrechte oder der Protest gegen unfaire Behandlung seien manchmal Auslöser für Lynchmorde gewesen.

 

Zuletzt geändert: 15.10.2015