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Von weniger zu krasser Brutalität

Eine Forschungsarbeit gibt Einblicke in die Gewalt­formen der ­antiken griechischen Kultur – und zeigt den ­Unterschied zur Moderne.

Links: Griechischer Krieger im Nahkampf, ca. 510 v. Chr. Rechts: Zwei britische Soldaten halten Abstand zum Gegner in der Schlacht an der Somme im Ersten Weltkrieg, 1916. | Fotos: Jessen Oestergaard/Daimler und Benz Stiftung, Wikimedia/John Warwick Brooke

 

von Michael Feldhoff

Dass die alten Griechen brutal waren, ist keine Fantasy aus Filmen wie „300“. Kriege waren für sie normal. Dennoch wandelte sich ihre Einstellung zur Gewalt, wie Lennart Gilhaus, Althistoriker an der Universität Bonn, in seiner Forschungsarbeit zeigt. Seine Grundüberlegung: Jede Gesellschaft hat ihre eigenen kriegerischen Gewaltdynamiken. So kam im Athen von 800 bis 500 v. Chr. erstmals die Vorstellung von der Gleichheit aller männlichen Bürger auf. Menschliche Beziehungen wurden auf eine rechtliche Basis gestellt, Prozesse geführt, um Recht zu sprechen.

Krieg als „kulturelles Problem“

Das wirkte sich auf das Verhalten im Krieg aus: Die Athener töteten ihre Unterworfenen und versklavten sie zwar wie üblich, schreckten aber vor Folterungen und Demütigungen eher zurück. Erst mit der Machtzunahme Athens änderte sich das: „Sie tätowierten plötzlich Eulen auf Kriegsgefangene, hackten Erzfeinden die Daumen ab und griffen zu immer krasseren Gewaltformen“, schildert Gilhaus. „Krieg ist ­also ein kulturelles Problem.“ Der Unterschied zwischen vormoderner und moderner Kriegsgewalt sei, dass in der Antike Krieg und ­Gewalt feste Bestandteile des Lebens waren – und buchstäblich Handarbeit. Mit der Erfindung automatisierter Waffen und deren Weiterentwicklung galt das nicht mehr. Dadurch wandelte sich auch die Einstellung der westlichen Welt zum Krieg generell.