Ein Historiker hat in einem britischen Archiv ungeöffnete Post aus dem Siebenjährigen Krieg gefunden. Wie es dazu kam und was sich Menschen damals schrieben.
von Michael Feldhoff
Es sind sehr persönliche und intime Zeilen, die nun ans Licht gekommen sind: „Ich könnte die ganze Nacht hier sitzen und dir schreiben. Ich bleibe für immer deine treue Frau“, schreibt Marie Dubosc 1758 an ihren Ehemann, einem Leutnant. Anne Le Cerf ist etwas forscher: „Ich kann es kaum erwarten, dich zu besitzen“, bringt sie zu Papier und unterschreibt mit „Deine gehorsame Frau Nanette“. Oder die Nachricht von Marguerite Quesnel, die sich bei ihrem Sohn beschwert: „In deinen Briefen erwähnst du nie deinen Vater. Das verletzt mich sehr.“
265 Jahre im Archiv
Doch die Briefe kommen nie an. Empfänger sind Seeleute auf dem französischen Kriegsschiff „Galatée“. 1758 ist die Fregatte mit 181 Mann auf dem Weg von Bordeaux ins kanadische Quebec – bis sie von der britischen Marine abgefangen und nach England gebracht wird. Die französische Postverwaltung, die vergeblich versucht hat, die Briefe zuzustellen, schickt diese daraufhin nach England weiter in der Hoffnung, dass sie bei den gefangenen Matrosen ankommen. Aber sie werden von der Royal Navy beschlagnahmt und ungeöffnet eingelagert. Erst jetzt, 265 Jahre später, findet der Historiker Renaud Morieux von der Universität Cambridge die mehr als einhundert Briefe, die aus den Jahren 1757 und 1758 stammen. Er ist der Erste, der sie aufmacht und liest. Zum Teil haben Verlobte, Ehefrauen, Eltern und Geschwister die Briefe von gebildeten Freunden schreiben lassen. Viele Menschen sind damals noch Analphabeten.