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Missionare und Märtyrer

Christenverfolgung in Japan

Mitte des 16. Jahrhunderts, als die Europäer erstmals in Kontakt mit Japan kamen, begannen christliche Orden, dort zu missionieren. Anfangs mit Erfolg, doch dann kam es zu Christenverfolgungen.

Sadeler Märtyrer

Darstellung von in Japan gekreuzigten Christen, Stich von Raphael Sadeler, um 1630 | © Rijksmuseum Amsterdam

Große Aufregung herrscht im kleinen Fischerdorf auf der Insel Tanegashima. Nachdem sich der Taifun gelegt hat, wagen sich die Fischer aus den schützenden Höhlen, um die Schäden an ihren Booten zu inspizieren. Doch schon aus der Ferne zieht das fremdartige Schiff, das an den Uferfelsen gestrandet ist, ihren Blick auf sich. Gestalten mit sonderbaren Kleidungsfetzen an Armen und Beinen machen sich an dem riesigen Boot zu schaffen – offenbar, um es zu reparieren. Dichtes Haar wächst auf ihrem Kinn. Nie zuvor haben die Fischer solche Menschen gesehen.

So ähnlich muss es sich zugetragen haben, im Jahr 1542 oder 1543, als die ersten Europäer an Japans Küste strandeten. Nach der einen Beschreibung waren es drei portugiesische Schiffbrüchige, die es auf einer chinesischen Dschunke unfreiwillig nach Tanegashima verschlug. Die Fremdlinge wurden freundlich empfangen. Sie besaßen immerhin Gegenstände, die die Bewohner der Insel nicht kannten. Flinten. Trifft die Geschichte zu, nach der der Inselherrscher seine Tochter beim gelandeten Händler gegen eine Flinte eintauschte, um das Modell nachbauen zu lassen? Fest steht: Die nachgemachten Flinten verbreiteten sich rasch über ganz Japan, und bald spielten die Feuerwaffen in den kriegerischen Wirren jener Zeit eine wichtige Rolle.

Erfolg durch Einfühlungsvermögen

Außer ihren Waffen brachten die Fremden noch etwas anderes mit: das Christentum. Unter unbekannten Umständen gelangten die Gestrandeten wieder zu ihren Herkunftsorten und berichteten von ihrer Entdeckung. Bald brachen Missionare von ihren Stützpunkten in Goa und Macao auf, um die Menschen in Japan zu bekehren. Es galt, die Seelen der Heiden zu retten – auch im Fernen Osten.

Von 1549 bis 1551 leitete Francisco de Xavier, ein Mitbegründer des Jesuitenordens, die Arbeit der Missionare in Japan – mit Genehmigung des Fürsten Satsuma. Das Geheimnis seines Erfolges lag in seinem Einfühlungsvermögen. „Wenn etwas keine Beleidigung Gottes ist, dann scheint es das Vorteilhafteste zu sein, nichts zu ändern, falls eine Änderung nicht mehr zum Dienste Gottes gereicht“, schrieb er in einem seiner Briefe.

Ähnlichkeiten zu Shinto-Gottheiten

Bald gab es erste Taufen. Francisco de Xavier versuchte, das einfach Volk ebenso wie die Herrschenden für sich und seinen Glauben zu gewinnen. Bei der Bevölkerung kam sein bescheidenes Auftreten gut an – er verteilte getrocknete Früchte an die Kinder und ging auch lange Strecken barfuß. Die Japaner verstanden auch das Leiden Christi – es kam verehrten Shinto-Gottheiten, die um der Liebe willen litten, sehr nahe. Dass allerdings alle Konvertiten den Inhalt ihrer „neuen“ Religion ganz verstanden, wird von Forschern bezweifelt.

Der Nuntius des Papstes unternahm eine Reise zur Hauptstadt Kyoto, wurde aber vom Kaiser nicht vorgelassen. Immer mehr Daimyo, lokale Fürsten, unterstützten jedoch die Missionare, die mit den Kaufmannsschiffen ankamen. Die Daimyo sahen, wie ehrfurchtsvoll die Händler die Prediger behandelten, und schlossen daraus: Wenn sie sich mit den Missionaren gutstellten, wüden sie mit den Händlern gute Geschäfte machen. Und daran war den lokalen Fürsten gelegen. Außerdem brachten die fremden Kaufleute die neuen Waffen mit, von denen sich manche Daimyo eine Stärkung ihrer Macht versprachen. Das Wort der Missionare war somit gebunden an wirtschaftliche und militärische Interessen.

Auch Fürsten ließen sich taufen

Einige der Daimyo ließen sich selbst taufen – und zwangen ihre Untertanen, ihrem Beispiel zu folgen. 1582 meldeten die Jesuiten nach Rom, dass die Zahl der Christen unter den Japanern auf 150 000 angewachsen war. Zehn Jahre später waren es schon 180 000. Die 200 Missionare unterhielten Krankenstationen, Priesterseminare und sogar eine Druckerei.

Doch es kam der Rückschlag. Für das sensationsgierige Lesepublikum schrieb der deutsche Reisende Caspar Schmalkalden, der mit einem Schiff der Niederländischen Ostindien-Kompanie um 1650 Japan besuchen konnte: „Weil aber die vorhabende Konspiration entdecket, wurden alle in Japan wohnende Christen auf eine erbärmliche Weise ermordet. Junge und Alte, Reiche und Arme wurden mit ganzen Familien gefangen, enthauptet, verbrannt, durchsägt, zerhauen, gebraten, erwürgt, gekreuzigt, bei den Füßen aufgehängt, die Kinder in der Gegenwart der Eltern zerhackt und in siedend Wasser geworfen, weder die Säuglinge, noch jemand anders wurde verschont. Dieses Würgen und Morden fing an im Jahr 1613 bis 1626 und währte so lange, bis sie keinen Fremdling noch eingeborenen Christen in Japan mehr gefunden […]. Auf solche Weise ist Japan endlich des Christlichen Glaubens gänzlich beraubt worden, und wieder in das beklägliche Heidentum verfallen.“

Innere Machtkämpfe setzten dem Erfolg ein Ende

Was war geschehen? Die inneren Machtkämpfe hatten die Christen mit in den Strudel gerissen. Den Jesuiten waren Franziskaner und Dominikaner nachgefolgt, und zwischen den Orden tobte der Wettstreit um die Vormacht. Hinter den Orden aber standen die Königshäuser von Portugal und Spanien, die um kolonialen Einfluss im fernen Asien buhlten.

Die Sorge um eine Intervention europäischer Flotten schreckte den Machthaber Toyotomi Hideyoshi so sehr, dass er 1587 erstmals die Missionare verbannte. Schließlich kam eine Verschwörung zu Tage: Eine Gruppe getaufter Daimyo hatte sich mit einigen der fremden Prediger verbündet, um gegen Hideyoshi vorzugehen. Auf diese „Konspiration“ nahm Caspar Schmalkalden später Bezug.

Damit hatten sich die Anhänger des christlichen Glaubens die Feindschaft der Machthaber zugezogen. 1622 wurden sechs Franziskaner, drei Jesuiten und 17 japanische Konvertiten in Nagasaki hingerichtet – durch Kreuzigung. Als „Märtyrer von Nagasaki“ gingen sie in die Geschichte der christlichen Mission ein. Unter den 26 Männern war Paul Miki – einer der ersten Japaner, die dem Jesuitenorden beigetreten waren. 1862 wurde er heiliggesprochen.

Bild im Beitrag

Darstellung der Hinrichtung des Jesuiten Paul Miki und seiner Gefährten, Stich aus dem 17. Jahrhundert | © Rijksmuseum Amsterdam

Heute sind rund ein Prozent der Japaner Christen

Die Lage verschärfte sich unter Tokugawa Ieyasu und seinem Sohn Hidetada, den Nachfolgern von Toyotomi Hideyoshi. Schon ab 1614 hatte die eigentliche Verfolgung der Christen begonnen, deren Zahl auf rund 500 000 gestiegen war. Kirchen wurden zerstört, Hinrichtungen vollzogen. 1638 wurde ein Aufstand der Christengemeinde auf Kyushu blutig niedergeschlagen. 1640 wurden sämtliche Untertanen in Japan gezwungen, einer buddhistischen Tempelgemeinde beizutreten. Bei den jährlichen Versammlungen in den Tempeln mussten alle auf Relieftafeln mit christlichen Symbolen treten – wer sich weigerte, war als Christ überführt und wurde getötet. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs die Christengemeinde in Japan wieder an. Gegenwärtig bekennen sich etwa eine Million Menschen in Japan zum Christentum, was rund einem Prozent der Bevölkerung entspricht.

Wolfgang Mayer

Der Artikel erschien erstmals in G/Geschichte 01/2005 „Shogun und Samurai: Das alte Japan“

Zuletzt geändert: 29.08.2016