Karl Marx. Der Mensch hinter der Ikone
Liebe Leserin, lieber Leser,
„Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus.“ So beginnt eines der einflussreichsten Büchlein der Geschichte: das Manifest der Kommunistischen Partei, das Karl Marx unter Mithilfe von Friedrich Engels 1848 verfasste. Das nur 23 Seiten lange Auftragswerk war für ein kleines Publikum gedacht, aber es entwickelte ungeahnte Wirkung dank seiner mitreißenden Sprache, kulminierend in dem Schlusssatz: „Proletarier aller Länder vereinigt Euch!“ Marx hatte ein schriftstellerisches Meisterstück abgeliefert, sogar an Betonung und Versmaß gefeilt.
Er war ein Perfektionist, der sich dadurch oft selbst im Weg stand und kaum eine Arbeit selbstständig zu Ende brachte. Aber er hatte seine kluge Frau Jenny, die seine Texte überarbeitete, und den aufopferungsvollen Freund Engels. Der schoss dem chronisch klammen Marx immer wieder Geld zu. Und er nahm es sogar auf sich, als Vater des Jungen zu gelten, den Marx mit seiner Haushälterin gezeugt hatte – nichts sollte einen Schatten auf den Welterklärer werfen.
Marx war voller Widersprüche. Fürsorglicher Vater und schnorrender Freund. Hochgebildeter Philosoph und Kneipen-Pöbler. Streiter wider die Bourgeoisie und bourgeoiser Genussmensch. Begründer einer Ideologie, ohne Ideologe zu sein. „Alles, was ich weiß, ist, dass ich kein Marxist bin!“, sagte er laut Engels einmal.
Zu seinem 200. Geburtstag ist Marx wieder in aller Munde. Sein Comeback begann schon früher: Nachdem es mit der Wende 1989/1990 still um ihn wurde, ist der Charakterkopf in der Finanzkrise 2007/2008 wieder zur Ikone aufgestiegen. Auch wenn man viele Thesen nicht teilen mag: Sein messerscharfes Denken können wir uns heute noch zum Vorbild nehmen.
Ihr, Euer
Christian Pantle,
Chefredakteur G/GESCHICHTE
Themen dieser Ausgabe
Selfie mit Charlie
G/GESCHICHTE vor Ort an Marx‘ Grab in London
Ein Kind seiner Zeit
Vater und Sohn: So wuchs Marx auf
Eine Stadt, ein Erbe
Trier tut sich schwer mit dem berühmten Sohn
Special Ausstellung
Das Museum im Karl-Marx-Haus in Trier präsentiert Marx neu
Freies Studentenleben
Fern der Heimat entdeckt der junge Marx die Philosophie
Auf die Barrikaden
Im Zeitalter der Revolution verändert sich die Welt
Wie Marx und Engels den Kommunismus erfanden
Ihr Leben und Arbeiten in der Weltstadt Paris
Aktuell wie nie
Das Kommunistische Manifest skizziert die globalisierte Welt
Was ist was?
Kapitalismus, Sozialismus und Kommunismus kurz erklärt
Friedrich Engels
Ohne den Fabrikantensohn wäre der Marxismus wohl Stückwerk geblieben
Freunde und Feinde
Lassalle, Bakunin & Co.
Revolution in der Warteschleife
Wie Marx 1848 erlebte
Babylon einer neuen Zeit
Als Flüchtlinge kamen Marx und seine Familie nach London
Auf das „Kapital“ folgt die Kneipentour
Wie der exzentrische Workaholic seinen Tag verbrachte
Wandelndes Haarknäuel
Der Bart des Propheten
Die Leiden des Marx
Mit Arsen: So versuchte der Kettenraucher, seine Eiterbeulen zu behandeln
Karl und seine vier Jennys
Familienleben zwischen Idyll und Tragödie
Willi will’s wissen
Spione machen Jagd auf die Kommunisten
Zwischen Champagner und Pfandhaus
Der Weltökonom konnte schlicht nicht mit Geld umgehen
Die sozialistische Baronesse Jenny Marx
Nicht nur Ehefrau, sondern auch Mitkämpferin
Eldorado der Wissbegierigen
Die British Library war Marx‘ liebstes Refugium
Politstar und Staatsdoktrin
Am Marx-Mythos wurde ordentlich poliert
Hatte Marx doch recht?
Ein Blick auf das Meinungsbild
„Marx ist kein Duckmäuser“
Biograf Jürgen Neffe über den „antiautoritären Autoritären“
Yuval Noah Harari
Der Marx des 21. Jahrhunderts?