Hübsche Hügel, glückliche Kühe, faszinierende Berge: G/GESCHICHTE-Autorin Sissi Pärsch ist als Allgäuerin in den Genuss all der Vorzüge der Alpen gekommen. Doch ihre Heimat hat auch eine dunkle Seite.
von Sissi Pärsch
Als kürzlich ein Kollege der „Süddeutschen Zeitung“ von der „Sehnsucht nach einem Gefühlsallgäu“ schrieb, musste ich stutzen. Das Gros der Deutschen mag das Allgäu als Inbegriff einer Idylle empfinden. Mein Blick fällt ein wenig nüchterner aus: Ich bin dort aufgewachsen.
Hier könnte man den Bergdoktor drehen oder eine Mafiadoku
Natürlich ist meine Heimat im tiefsten Süden Deutschlands von solcher Schönheit, dass ich selbst noch heute immer wieder bewundernd den Kopf schüttle. Das saftige Grün im Sommer, das glitzernde Weiß im Winter. Auf der Wiese bimmeln die Kuhschellen, im Dorf läuten die Kirchenglocken. Vor den schroff aufragenden Bergen breitet sich eine weiche Hügellandschaft ins Alpenvorland aus. Das Allgäu ist wild und sanft zugleich – ein mehrfach zutreffender Satz: Hier könnte man den romantischen Bergdoktor genauso drehen wie eine schockierende Mafiadoku.
Kempten als Hauptschauplatz
Hauptschauplatz wäre dabei Kempten, die bayerische Kreisstadt mit rund 67 000 Einwohnern, in der ich das Gymnasium besuchte. Sie ist nicht wirklich eine Schönheit. In einer der ältesten Städte Deutschlands findet man nur wenige Altstadtreste, dafür eine römische Ausgrabungsstätte, den Archälogiepark Cambodunum. Und das Landeskriminalamt betreibt in Kempten seit Jahrzehnten auch neuzeitliche italienische Spurensuche.
Das Allgäu brauchte Arbeitskräfte für die Textilindustrie
Zur Zeit des Wirtschaftswunders kam es im Dezember 1955 zum ersten Gastarbeiter-Anwerbeabkommen zwischen Deutschland und Italien. Dabei wurden die italienischen Männer nicht nur an den Fließbändern der Automobilindustrie benötigt. Das Allgäu war noch vor der milchwirtschaftlich grünen Tradition für seine flachsblaue Textilproduktion bekannt. Und weil sich Städte und Landkreise häufig auf Arbeiter aus bestimmten Regionen konzentrierten, warben die Allgäuer Web- und Strickbetriebe gezielt junge Männer aus dem Süden Italiens an. Aus Kalabrien und speziell auch aus dem Städtchen Adrano in der sizilianischen Provinz Catania.
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Zuletzt geändert: 15.3.2018