G/GESCHICHTE Februar 2021
Der Erste Kreuzzug
Die blutige Geburt einer neuen Welt
Neben Inquisition und Hexenverbrennung gehören die Kreuzzüge zum festen Repertoire aller Kirchenkritiker. Ein ungerechtfertigter Angriff auf die islamische Welt seien die Feldzüge gewesen, und zwei lange Jahrhunderte hätten die „Franken“ die einheimische Bevölkerung in den Kreuzfahrerstaaten geknechtet. Aber wer von diesen Kritikern hat von der Schlacht von Manzikert gehört? 1071 hat in Ostanatolien der Seldschukensultan Alp Arslan das Heer der Byzantiner vernichtend geschlagen. Kleinasien ist nun Beute der Türken, und die Tage Konstantinopels scheinen gezählt. Es folgt ein Hilferuf des byzantinischen Kaisers an den Westen.
Die Eroberung von Jerusalem 1099 ist brutal und steht im absoluten Widerspruch zu den religiösen Prinzipien, auf die sich die Kreuzritter berufen. Aber viele der geschilderten Gewaltorgien sind erstaunlicherweise bewusste Übertreibungen der christlichen Chronisten. Für Muslime und Juden wird Jerusalem zur Verbotszone erklärt, ansonsten erweisen sich die neuen Herren aus dem Westen als äußerst moderat gegenüber ihren beschnittenen Untertanen.
Die Mehrheit der einheimischen Bevölkerung sind jedoch Christen, die sich schnell mit den „Franken“ arrangieren. Anders als im Westen herrscht pragmatische Toleranz in religiösen Fragen. Mischehen bis in höchste Kreise sind an der Tagesordnung, und die orientalischen Hilfstruppen bilden einen Eckpfeiler der Verteidigung. Die Kreuzfahrerstaaten sind kein Utopia, aber ein Forum des kulturellen Dialoges und der Synthesen – eben eine neue Welt.
Ihr, Euer
Dr. Klaus Hillingmeier
Chefredakteur
Themen dieser Ausgabe
Das Wunder von Antiochia
Wie der Fund einer Lanzenspitze das Kriegsglück wendet
Sturm aus der Steppe
Die Seldschuken bedrohen das Byzantinische Reich
Gott will es!
Papst Urban II. entfesselt die Kreuzzugs-Begeisterung
Pogrome
Ein religiöser Wahn entlädt sich an den Juden entlang des Rheins
Der Volkskreuzzug
Tausende Laien ziehen als Erste los – und scheitern fürchterlich
Ehre, Macht und Frömmigkeit
Was treibt Europas Ritter ins Heilige Land?
Die Stimme von Byzanz
Anna Komnena beschreibt die Ankunft der Kreuzfahrer
Vormarsch durch die Hölle
Durst und ringsum Feinde: Der qualvolle Weg weiter nach Syrien
Graf Balduin setzt sich ab
Er verlässt den Kreuzzug und gründet den Staat Edessa
Apokalypse in Jerusalem
Der Sturm auf die Heilige Stadt eskaliert zum Massaker
Neue Welt des Mittelalters
In den Kreuzfahrerstaaten leben Ost und West zusammen
Die Stunde der Krieger
Fränkische Kampfstrategien gegen die Türken und Ägypter
Ritter + Mönch = Templer
Beten mit dem Schwert in der Hand: Das zieht junge Adlige an
Schlacht auf dem Blutfeld
Der Anfang vom Ende
Das Sultanat schlägt zurück
Die Kreuzfahrerstaaten sterben
Weitere Themen
Blickpunkt: Verschwörungsmythen
Von Brunnenvergiftern bis QAnon
Serie: Spione
Rose O’Neal Greenhow – Die Südstaaten-Lady will die Sklaverei erhalten
Geschichte im Alltag
Die Kneipe – Mehr als Bier- und Tabakdunst
Porträt
Fürst Pückler – Gartenfreund und Lebemann