Stadtleben im Mittelalter –
Zünfte, Huren, Pfeffersäcke
Liebe Leserinnen und Leser!
Verabschieden Sie sich bitte vom idyllischen Bild der altdeutschen Städte, das uns die Tourismusindustrie zwischen Lübeck und Rothenburg verkaufen möchte. Die mittelalterlichen Städte waren wie die Metropolen der Moderne eine Welt brutaler Gegensätze: Hinter den Glasfenstern der Patrizierhäuser lebte es sich vortrefflich, doch schon für die meisten Handwerker war das Leben ausgesprochen hart und so mancher Geselle musste mit einem Hungerlohn auskommen.
Ganz unten die Bettler und anderen Ausgestoßenen, die in einer Welt aus Elend und Schmutz vegetierten und von der Hoffnung auf Almosen lebten. Die Städte waren zugleich die Motoren einer rasanten Veränderung. In Köln, Nürnberg oder Augsburg begann das Abenteuer Globalisierung: Tuche aus Flandern, Glas aus Venedig, Safran aus Nordafrika und Pfeffer aus Indien – die Waren der Welt wurden hier gehandelt. Im Gegenzug produzierten die Handwerker der Zünfte für den Export – oft weit außerhalb der Grenzen des Heiligen Römischen Reiches. Die Städte glichen reichen, fetten Spinnen im Netz der Handelswege. Und Geld bedeutete schon damals immer auch politische Macht.
Der Aufbruch in die Moderne begann, als sich die Zünfte gegen das selbstgerechte Patriziat auflehnten. Nicht Herkunft, sondern persönliche Leistung sollte zählen. Die verkrustete Ständegesellschaft wurde in Frage gestellt, alte Machteliten gestürzt. Keine echte Demokratie, aber ein Schritt dahin. Kein Wunder, dass neue und revolutionäre Ideen wie der Humanismus oder die Reformation in den Städten auf idealen Nährboden fielen.
Ihr, Euer
Dr. Klaus Hillingmeier
Chefredakteur
Schwerpunkt dieser Ausgabe
Schatzkammer des Reiches
Nürnberg als Handelszentrum und Hüterin der Reichsreliquien
Heinrich Toppler
Fall eines Bürgermeisters
Titanenwerk Kölner Dom
Köln will die größte Kirche der Welt
Die ewige Dombauhütte
G/GESCHICHTE vor Ort bei einem Steinmetz
Veit Stoß
Der berühmteste Holzschnitzer der Gotik im Porträt
Alle unter einem Dach
Wohnen im Spätmittelalter
Das Wirtschaftswunder
Händler, Handwerker und Zünfte prägen das Stadtbild
Burkhard Zink
Eine persönliche Biografie zeigt den Aufstieg eines Augsburger Kaufmanns
Ein Liter Bier pro Tag
Wie sich die Stadtbewohner im Mittelalter vergnügen
Beginen
Nonnen ohne Gelübde
Am Rande der Gesellschaft
Bader, Henker und Prostituierte
Leben mit dem Tod
Antoniusfeuer, Lepra und Pest haben ein leichtes Spiel
Weitere Themen
Blickpunkt
Das Wrack der Titanic – Neue Fundstücke erzählen persönliche Geschichten
Neue Serie – Unterwelten
Berlin – Bunker, Rohrpost, Tunnel, die im Nichts enden
Geschichte im Alltag
Die Erfindung des Colts – Am Anfang ein Flop
Porträt
Marie Curie – Das bescheidene Genie ging bis zum Äußersten