Der Dreißigjährige Krieg – Deutschland am Abgrund
Liebe Leserin, lieber Leser,
1619 verdingt er sich als Söldner im katholischen Heer, danach wird er Philosoph: René Descartes formuliert noch während des Dreißigjährigen Kriegs seinen berühmten Satz „Cogito ergo sum“ („Ich denke, also bin ich“). Sein bewegtes Leben steht sinnbildlich für eine Epoche zwischen Mittelalter und Aufklärung, die den Keim bildet für ein neues Denken.
In dem verheerenden Krieg von 1618 bis 1648 ist es für die Bevölkerung überlebenswichtig zu wissen, ob Armeen sich nähern. Es folgt eine Medienrevolution: der Siegeszug der Zeitungen und Flugblätter, die bald auch die entlegensten Dörfer erreichen und das Zeitalter der Massenmedien einläuten.
Auch die einfachen Leute beginnen in großer Zahl zu schreiben und Augenzeugenberichte zu hinterlassen. Anders als in den meisten früheren Kriegen kennen wir damit nicht nur die Perspektive von oben – von Feldherren, Gebildeten, Adeligen –, sondern erhalten erstmals einen umfangreichen Blick von unten, von den Tätern vor Ort wie den wahren Leidtragenden.
Der Söldner Peter Hagendorf und der Mönch Maurus Friesenegger etwa führten über mehr als 20 Kriegsjahre hinweg Tagebuch. An ihrem Lebensweg entlang habe ich mein aktuelles Buch geschrieben, und es freut mich, Ihnen in diesem Heft die beiden beeindruckenden Personen vorzustellen: Hagendorf besaß dunkle Seiten, war aber auch fürsorglich und ertrug stoisch Gefahren, Gewaltmärsche und Schicksalsschläge wie den Tod von acht seiner zehn Kinder. Friesenegger und seine Ordensbrüder sorgten sich mitfühlend um die Dorfbewohner bei ihrem Kloster und brachten so einen Lichtstrahl Menschlichkeit in eine düstere Zeit.
Ihr
Christian Pantle
Chefredakteur
Themen dieser Ausgabe
Flammendes Inferno
Magdeburg wird zum „Hiroshima des Dreißigjährigen Kriegs“
„Schlagen war akzeptiert“
Markus Meumann klärt auf, wie gewalttätig die Zeit wirklich war
Friedliebender Kriegstreiber
Ferdinand II. lässt einen lokalen Aufstand zum Krieg eskalieren
Der Löwe aus Mitternacht
Gustav II. von Schweden hätte den Krieg beenden können
Manager des Todes
Wallensteins kometenhafte Karriere
„Erbärmliche Lebensbedingungen“
Was ein Massengrab über das Söldnerdasein der Zeit verrät
Auf dem endlosen Kriegspfad
Einmalige EInblicke: Das Tagebuch des Söldners Peter Hagendorf
Grauen in Wort und Blut
Der Krieg brach viele Tabus
Das tödliche Gerücht
Der Dreißigjährige Krieg war der Höhepunkt des Hexenwahns
Tage voller Leid
Das erschütternde Tagebuch des Andechser Mönchs Maurus Friesenegger
Der verschlungene Weg zum Frieden
Hunderte Diplomaten und ein Kongress der Superlative
Ein neuer Dreißigjähriger Krieg – vor unseren Augen?
Parallelen zum Krieg in Syrien
Weitere Themen
Blickpunkt
Sternenbanner über Honolulu – Wie Hawaii amerikanisch wurde
Serie: „Tiere schreiben Geschichte“
Der Bär – Vom Verwandten zum Konkurrenten
Geschichte im Alltag
Die Glocke – Sie gab den Takt des Lebens an
Porträt
Jonathan Swift – Der bittere Spötter