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Die Schwester der Queen

Prinzessin Margaret

Die BBC nannte Prinzessin Margaret „die Diana ihrer Zeit“. Margarets provokanter Lebensstil machte sie in den 1960er-Jahren zu einem Inbegriff des „Swinging London“.

Prinzessin Margaret

Die zukünftige Queen Elizabeth II. und ihre jüngere Schwester Prinzessin Margaret auf einer kanadischen Briefmarke aus dem Jahr 1939 | © istockphoto.com/raciro

 

London, 1963: Die Beatles veröffentlichen ihr erstes Album „Please please me“ und erobern in Windeseile die Charts. Die Rolling Stones treten auch schon auf. Die Jugend feiert in der Carnaby Street und im Hyde Park – und ein Mitglied der Windsors ist mittendrin: Während Elizabeth II. seit zehn Jahren als Königin das Land repräsentiert, genießt ihre Schwester Margaret das Leben in vollen Zügen – scheinbar.

Die Londoner Jugend feierte ihren Wohlstand. In der britischen Hauptstadt wurden in den 1960ern in Mode, Musik und Design Trends gesetzt, die zu Klassikern wurden. Die Modedesignerin Mary Quant setzte mit ihren Miniröcken kürzere Maßstäbe, Twiggy verlieh dieser Jugendkultur als erstes Supermodel im Teenageralter ein Gesicht. Das Musical „Hair“ feierte Premiere. Nach dem Rock’n’Roll war in den 1960er-Jahren zum zweiten Mal eine Musikkultur entstanden, die nur der Jugend vorbehalten war: der Beat. Die Eltern rebellierten gegen diese Musik und machten den Beat damit erst recht zur Gegenbewegung. Mehr als zuvor brach diese Jugend alle Tabus und lehnte sich gegen die Welt der Erwachsenen auf: Sie beanspruchten Sex, Alkohol und Zigaretten für sich, probierten die Antibabypille aus, ließen sich die Haare wachsen und wollten nicht folgsam sein. Sie waren unpolitisch, aber sie revolutionierten die Gesellschaft. Sie machten London zur Welthauptstadt der Kultur.

Eine verbotene Heirat war die Wurzel von Margarets Unglück

Prinzessin Margaret war mittendrin. Und nicht nur das, sie lehnte sich gegen das strenge Protokoll des britischen Königshauses auf. In aller Öffentlichkeit trank sie Whiskey und Wein und rauchte – angeblich 60 Zigaretten am Tag. Sie schmiss Partys und füllte die Klatschspalten der Zeitschriften. Zahlreiche Affären wurden ihr nachgesagt. Das Verhältnis zum Königshaus galt als entsprechend schwierig. Als ihre Schwester, die Königin, sich angeblich in ihren Lebensstil einmischte, soll Margaret sie zurechtgewiesen haben, wie das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtete: „Regier du mal lieber dein Empire!“

1953 wurde bekannt, dass die 22-jährige Prinzessin eine Affäre hatte: mit dem Luftfahrtattaché Peter Townsend, der gerade zum Adjutanten der königlichen Familie aufgestiegen war. Aber er war nicht nur ein Bürgerlicher, nein, er hatte sich auch noch scheiden lassen. Zwei Jahre lang kämpfte das Paar darum, heiraten zu dürfen. Und das Volk kämpfte mit. Aber die königliche Familie, die anglikanische Kirche und sogar der damalige Premier Winston Churchill stellten sich entschieden dagegen. Resigniert gab Margaret ihre Liebe auf. Sie gab bekannt, dass sie Peter Townsend nicht heiraten würde.

Die Prinzessin wurde zu einem Symbol der Beatjugend

Ein paar Jahre später, 1960, heiratete die Prinzessin dann doch einen Bürgerlichen. Aus der Ehe mit dem Fotografen Antony Armstrong-Jones, den Queen Elisabeth bald darauf zum Lord Snowdon erhob, gingen die Kinder David und Sarah hervor. Aber die große Liebe war es wohl nicht. Margaret lenkte sich durch Affären ab, ihr Mann ebenso. 1978 ließ sich das Paar scheiden. Hätte man Margaret die Hochzeit mit Townsend erlaubt, überlegte die englische Zeitung „Times“ später, wäre ihr Leben wohl ganz anders verlaufen. So verstieß Margaret gegen die royale Etikette, wie die Beatjugend gegen gesellschaftliche Tabus verstieß. Die Prinzessin wurde zu einem Teil und auch zu einem Symbol dieser Revolte.

Ein tobendes Gewitter soll bei ihrer Geburt am 21. August 1930 im schottischen Glamis Prinzessin Margarets dramatisches Leben angekündigt haben. Als Kind schon rebellierte sie: Verbot man ihr, mit dem Fahrrad die Korridore des Buckingham Palasts entlangzufahren, preschte sie eben mit Rollschuhen durch den Palast. Als sie sechs war und ihr Vater König und ihre Schwester Thronfolgerin wurde, bemitleidete sie Elizabeth dafür.

 

Carnaby Street London, 2014

Die Carnaby Street in London im Stadtteil Soho war in den 1960er-Jahren berühmt für Hippies, Mode, Musik und Partys. Aufnahme vom September 2014 | © istockphoto.com/maisna

 

Ihr Badeanzug war sogar der Klatschpresse zu gewagt

Margaret, die als eine der schönsten Frauen des Empire galt, war eine lebenshungrige Person, stand immer im Mittelpunkt. Am Strand in Italien trug die Schwester der Queen einen knappen, hautfarbenen Badeanzug, der sogar dem „Daily Express“ zu gewagt erschien: Die Zeitung färbte ihn ein, als sie das Foto druckte.

1973 sind die glanzvollen Zeiten Londons vorbei. Die Beatles, Rolling Stones und Pink Floyd sind längst keine Provokation mehr. Hippies sind Mainstream. Margaret geht mit ihrer sehr öffentlichen Affäre mit dem fast zwei Jahrzehnte jüngeren Roddy Llewellyn vielen zu weit.

Später gabe es fast nur noch Krankheitsgeschichten über die Schwester der Queen zu lesen: 1985 erkrankte sie an Lungenkrebs, dann verbrannte sie sich die Füße im Badewasser, sodass sie zunächst nicht laufen konnte. Sie erlitt mehrere Schlaganfälle und war fast blind. Maggie starb 2002 mit 71 Jahren. Ihr Leben war eine Revolte.

Anja-Nadine Mayer

 

© Kleines Vorschaubild: istockphoto.com/raciro

Zuletzt geändert: 14.3.2016